Nun komme ich ziemlich spät in diese Eva H.-Diskussion.
Aber ein paar Sätze kann ich mir dazu nicht verkneifen:
- Wenn diese Frau glaubt, daß Mutterschaft und Familienleben früher (vor den 68ern) besser waren, sollte sie mit Lesen biederster Hausfrauenblättchen von den 20ern bis zu den 60ern bestraft werden. Themen wie „Wie kriege ich meinen Mann dazu, mir einen Halbtagsjob zu erlauben? Wie stelle ich es an, über die Erhöhung des Haushaltsgeldes zu sprechen, ohne daß er mich anschreit? Ich will den Führerschein machen – er ist dagegen!“ sprechen, was die Machtverteilung in Ehe und Familie angeht, für sich.
- Nun ist die ganze Apfelkuchenlitanei und das Stillen, bis ein Kind die dritten Zähne hat keine genuine Erfindung von Frau H. sondern ein relativ deutsches Phänomen. Nirgendwo sonst gehen Frauen so endgültig aus dem Beruf, wenn sie Kinder bekommen. Und es ist ihnen nicht einmal unlieb, sonst hätten sie schon Jahrzehnte vorher politischen Einfluß ausgeübt, um bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu bekommen. Das ist nämlich nicht unmöglich, die AKWs sollen dank politischer Interessen auch demnächst abgeschaltet werden. Eine schlecht ausgebildete, nicht berufstätige Frau mit Kindern ist im Scheidungsfall abgesichert, auch wenn sie keine großen Sprünge machen kann. Nicht umsonst werden die meisten Scheidungen durch Frauen eingereicht. Neu ist, daß diese Frauen mit Frau H. eine öffentliche Stimme haben.
- Diese ganze „bei den Nazis war nicht alles schlecht“-Nummer war ganz dumm. So dumm wie „bei Hitler hatten sie alle Arbeit“ oder „in der DDR gab es Zusammenhalt und menschliche Wärme“. Ja, gab es und ja, hatten sie. Was diese autoritären, menschenverachtenden Systeme nicht rehabilitiert.
- Gedankensprung: Die einzige Partei, die in den letzten 20 Jahren tatsächlich in der Lage war, verkrustete Strukturen aufzusprengen, waren die Grünen. Sie standen zwar für eine Innovation der Genderpolitik, nicht aber der Familienpolitik. Das Frauenlager zerfiel in Gebärverweigerinnen und Berufsmütter. Keine der Politikerinnen hat tatsächlich und erfolgreich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gekämpft. Die erste greifbare Veränderung geht jetzt von den Konservativen aus. Das finde ich schon phänomenal.
- Ich wünsche mir, daß Kinder in der Gesellschaft wieder als das angesehen werden, was sie sind: diejenigen, die von uns bleiben, unsere Zukunft. Nicht Störfaktoren, finanzielle Belastung und berufsbiografisches Aus. Kinderhasser hassen sich selbst, denn sie waren selbst einmal Kind und sind mehr als nur ertragen worden.
- Wer diese Kinder nun aufzieht, ob Mutter, Vater oder die aus Eltern, Großeltern und Betreuern bestehende Großfamilie ist schnurzpiepe und berechtigt daher auch nicht zum Anspruch eines Verdienstkreuzes, Frau H. Denn das ist nicht als Ideologie, böse Ideologie, wie mir scheint.
Und gleich vorweg: Jeder nationalistische Kommentar wird von mir kommentarlos gelöscht.
Dass es gerade die Konservativen sind, die hier aktiv werden, macht mich stutzig. Die tun doch nichts ohne oder gegen eine Lobby, die dahinter steht.
Wahrscheinlich haben die Versicherungs-, Auto- und Bankenkonzerne festgestellt, dass sie die Frauen einfach brauchen. Denen ist es zu teuer geworden, die zuerst auszubilden und dann wieder zu verlieren.
Vor allem die Mütter, möglichst alleinerziehend. Das sind Fleiß- und Effizienzwunder, neben denen ein „Topmanager“ wie ein dahinschlörender Tagedieb aussieht. Die schaffen halbtags das, was andere den ganzen Tag mit Überstunden nicht hinkriegen, noch dazu für viel weniger Geld. Das will sich die Industrie nicht länger entgehen lassen.
Bischen polemisch geraten, das ganze, sorry. Aber dauernd hört man das Gemecker, wie schön es doch wäre, wenn man nicht arbeiten müßte. Und dann wird plötzlich das Loblied der abhängigen Beschäftigung gesungen.
REPLY:
ja, daß eines tages der satz fällt: die konservativen haben in zwei jahren mehr für die familienpolitik getan, als die SPD in 6 jahren regierung, habe ich mir auch nicht träumen lassen.
es ruht sich scheinbar jeder in seinem ideologischen eckchen aus. eine frau ist kanzlerin, eine familienministerin macht tatsächlich mal maßgebliche politik und die feministinnen ignorieren das kräftig, weil die damen nicht in der erwartungsgemäßen partei sind (nach dem motto: du bist nicht von meinem hof, mit dir spiel ich nicht) und legen statt dessen die 20 jahre alte porno-debatte neu auf, die im internet-zeitalter völlig obsolet geworden ist.
ich glaube nicht, daß es „die konzerne“ sind, das ist mir zu verschwörungstheoretisch. dann könnte man hinter der linken die kommunistische weltverschwörung vermuten. wenn man sich ansieht, was in den schulen los ist, wer überhaupt noch kinder in die welt setzt, dieses risiko eingeht, dann gibt es in den nächten jahren ein heftiges problem, das sieht ein blinder mit dem krückstock.
geschichte verläuft in sprüngen und wellenbewegungen. nach der gesellschaftlichen revolution der 68er ist viel vakuum entstanden, in das lebensentwürfe wild gewuchert sind. es gibt welche, die funktionieren gesellschaftlich gesehen, es gibt welche, die bringen probleme mit sich. wenn eine gesellschaftliche elite keine kinder bekommt, so stirbt mit ihr auch ihr potential, ihre kultur, ihr wissen. wenn kinder vaterlos, mütterfixiert und einzeln aufwachsen, hat das genauso auswirkungen.
frau h. formuliert ein gesellschaftliches unbehagen, deshalb hat sie ja auch so viel resonanz, sonst würde man sie als spinnerin abtun.
für frauen besteht der fortschritt der letten 50 jahre (und jetzt formuliere ich mal polemisch) in erster linie darin, selbst für ihren lebensunterhalt sorgen zu dürfen und ein selbstbestimmtes sexualleben zu führen. in ihrer neuen funktion als immer verfügbares sexualobjekt und arbeitskraft dient sie in erster linie dem turbokapitalismus. das reflektiert die linke aber nicht. da krähen die hähnchen sowieso am lautesten. siehe kanzler und außenminister der letzten regierung.
und frau schwarzer predigt, daß penetration frauen keinen spaß macht und ist damit komischerweise fast an tiefst katholischen positionen dran, die vollendeten sex auch nur zur zeugung akzeptieren.
…
wattn rundumschlag.
REPLY:
ich habe unsere familienministerin und unsere kanzlerin nicht gewählt. beide sind ursprungsgedanklich auch nicht gerade von meinem hof. aber ich finde, die ladies machen unterm strich einen verdammt guten job.
p.s.: ich finde es nicht in ordnung von frau schwarzer, daß sie behauptet ich hätte des öfteren sex mit männern.
Erstaunlich, dass man nie, nie jemanden trifft, der die Litaneien dieser Dame unterstützt, die trotzdem eine mediale Omnipräsenz erreicht hat, als sei das, was die Frau von sich gab, gesellschaftspolitisch relevant oder auch nur Ausdruck einer tatsächlich existierenden breiten Strömung.
REPLY:
ich wage zu behaupten, daß das, was diese frau von sich gibt, von leuten unterstützt wird, die sich nicht oder selten äußern. leute, mit denen sie oder ich wenig zu tun haben und wenn dann nur flüchtig.
die mediale resonanz erzeugt so einen die anderen denken/machen das auch-effekt. und dafür müsen die leute das buch nicht einmal gelesen haben (weil sie wahrscheinlich sowieso nicht lesen), da reicht das raunen, das durch das land geht.