Ich schlief lange und beim Aufwachen bemerkte ich zu meiner großen Freude, daß die Umzugserschöpfung endlich vorbei war. Dann las ich im Bett noch ein bißchen Zeitung und trank meinen Morgenkaffee, um bald zum Nestchen zu fahren und ein paar letzte Handgriffe an der Stuccowand zu machen: heiß verpressen und polieren. Ich bügelte eine Stunde auf der Wand herum, um eine dunklere Farbe zu bekommen, was auch ganz gut funktionierte. Das einzige, was mich ärgert, ist, daß in der Sommerhitze der Kalk sehr schnell abgebunden hatte und daher die Fugen der einzelnen Stückwerke und Tagwerke sehr stark zu sehen sind, ebenso, daß ich die Pigmente für eine Mischung geringfügig falsch abgewogen hatte. Dieses Tagwerk ist blasser. Für ein paar Minuten war ich kurz davor, alles wieder anzuschleifen und noch eine – diesmal korrekte – Putzschicht drauf zu setzen, die ich mit pigmentierter Seife sogar noch dunkler machen könnte, aber ich pfiff mich zurück. Das hätte feinen rosa Kalkstaub überall bedeutet und wiederum tagelange Sauerei mit kleckerndem Putz. Jetzt isses wies ist, Ergebnis einer Lernarbeit. Das Polieren verschob ich dann doch auf Montag, weil meine Schleifmaschine fürchterlich laut ist.
Bevor mich die nachmittägliche Müdigkeit überfiel, fuhr ich nach Hause und fiel aufs Bett. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich auch noch bis zum nächsten Morgen durchgeknackt, vielleicht mit einem nächtlichen Kühlschrankstopp, aber wir waren mit dem Professor und seinem Mädchen verabredet, um uns Inception anzusehen.
Vorher aßen wir noch bürgerlich, wie wir nun mal sind, im Gugelhof und ich war nach einem Prosecco und einem recht vollen Glas Riesling schon wieder etwas angeschossen und somit in der richtigen Stimmung für den Film.
Leider saßen wir etwas zu weit vorn, so daß die Augen immer wandern mußten, um die ganze Leinwand zu erfassen, was etwas anstrengte. Ansonsten fand ich den Film aber ziemlich cool. Ich liebe künstliche Welten und frage mich nun nach dem Aufwachen ständig, wer wohl in meinen Träumen rumbastelt, die sich in letzter Zeit ständig um Scheiße und kruden Sex drehen (erstes soll ein Symbol für Geld sein, zweites eines für Kreativität und Neuanfang, na denn). Ich freute mich auch über den Film, weil meine innere Dramaturgin die Schnauze hielt, die vorher von mir zu hören bekam, daß die Handlung ohnehin jeglicher Logik entbehrt.
Von diesen endlosen Liebesgeflüsterszenen war ich gerade zum Schluß hin leicht genervt. Schließlich weiß ich gut genug, wie es klingt, wenn Frauen sich etwas in den Kopf gesetzt haben.
Diese frauenaffinen Einschübe in Actionfilmen für ein Massenpublikum behagen mir nicht. Selbst James Bonds Emotionalität entwickelt sich in den letzten Jahren proportional zu seinen Muskelpaketen. Liebeskranke Helden langweilen mich.
BTW. Ich finde Leonardo DiCaprio immer noch zu bubihaft. Vielleicht sollte er endlich aufhören, Modelfreundinnen zu haben und sich etwas Reife vermittels Familienverantwortung ins Gesicht holen. Johnny Depp hat es auch nicht geschadet.
Nach dem Film gingen wir in die saphire lounge auf einen Absacker. Das ist schon ein netter Laden. Ich mag solche unterkühlt gestylten Schnapstempel. Dazu gab es noch sehr coole Musik.
Die Karte hat fast nur Eigenkreationen, die ziemlich witzig schmecken, aber auch jeder Klassiker wird auf Anfrage gemixt und die Preise sind nicht überhöht.
Da beim Gang zum Kino offenbar wurde, daß der Professor und ich dereinst jugendliche Science-Fiction-Freaks waren, machten wir auf der Spur leicht Cocktailselig weiter. Wir entwarfen einen Plot für Titanic II als Sci-Fi. Leo ist nicht tot, sondern alle Titanic-Opfer wurden von Außerirdischen entführt, um eine neue Gesellschaft zu schaffen. 5 Jahre später holt Leo Kate zu sich. Man könnte diesen Teil auch unter Wasser spielen lassen…
ZUm Abschied entwickelte ich mit dem Mixer noch den Plan für eine akribische Vrsuchsreihe. Wenn ich zweimal die Woche auf einen Martini dry käme, hätte ich mich in einem reichlichen halben Jahr durch die enorme Zahl von Ginflaschen im Regal probiert.
Danach könnte ich meine Leber wahrscheinlich zum Abdecker bringen.