Seit dem Jahreswechsel 2 Wochen gesund gewesen. Den Rest entweder ganz krank, halb krank oder in einer zähen Erholungsphase. So langsam schlägt mir das erheblich aufs Gemüt. Ich bin schon fast bereit für Alternativmedizin.
Ich denke in diesen Tagen über Menschen nach, die ihre Gewichtsreduktion öffentlich zeigen. Das kann jeder machen, wie er will, ich denke halt nur darüber nach. Ich bin da furchtbar zwiegespalten. Einerseits verstehe ich, dass Menschen ihre Freude über eine von ihnen ersehnte wichtige Lebensveränderung mit anderen teilen wollen. Die „Rezepte“ auf diesem Weg dorthin sind interessant, aber eigentlich seltenst auf andere wirklich übertragbar.
Richtig schwierig finde ich den Trick, diesen Vorgang öffentlich zu machen, um sich selbst Druck aufzubauen, weil man ein Publikum nicht enttäuschen möchte. Sich dem öffentlichen Urteil über einen Körper also völlig ausliefern. Vielleicht sehe ich das aber auch falsch. Vielleicht ist es auch Suche nach Unterstützung, Selbstvergewisserung.
Früher empfand ich es als normal, ständig zu thematisieren, dass ich zu dick bin, zu viel esse oder abnehmen müsste. (Das klassische „du bist ungenügend“.) Das Kind hat mich irgendwann darauf hingewiesen, dass dieses Thema eine zeitlang bei mir sehr dominant war. Mit der Bemerkung versehen, dass sie davon genervt ist.
Ich musste in den letzten Jahren ohnehin in der Hinsicht demütiger werden. Ich habe zwanzig Jahre geglaubt, Brain, Myself and I könnten den Körper herumkommandieren und er hat sich ganz gern mit anarchischen Aktionen gerächt. Irgendwann er er mir ohnehin ziemlich dominant den Mittelfinger gezeigt und sein Ding gemacht. An das Jahr, in dem ich manchmal Atembeschwerden hatte, weil meine Kleider schon wieder zu eng geworden waren, erinnere ich mich ungern. Das war der Moment, wo ich kapieren musste: Ok., das ist ein gleichberechtigter Partner, kein Arbeitspferd, das ich zuschanden reiten kann. Bzw. ich kann das schon, nur dann haben Brain, Myself and I ein ziemliches Problem.
Primavera hat mir auch auf die Sprünge geholfen. Die Abmachung, die sie mit ihrem Körper getroffen hat: „Du bekommst alles, was du brauchst und jederzeit, dazu bleiben wir eng in Kontakt“, fand ich gut. Das braucht natürlich Entspanntheit und Zeit und nicht Hetze und Verbiegen für die Erwartungen anderer.
Aha. Jetzt fange ich auch schon an, zu missionieren. Ich würde mit Sicherheit nicht so viele Zeichen zum Thema „auf der Suche nach dem perfekten Sex“ schreiben. Dabei ist das Sich-Wohlfühlen in dem eigenen Haus aus Fleisch und Blut genauso privat und intim.
Eines kann ich schon mal festmachen: Es ist mir mittlerweile völlig egal, was andere sagen, wie sie das Aussehen meines Körpers bewerten und mein damit verbundenes Verhalten. Es ist mir nicht egal, wie es mir geht. Wie ich mich bewegen kann, was schmerzt, wie ich atme, wie es sich anfühlt, wenn ich gehe, stehe oder liege.
Das ist doch schon mal was.