Ich war in Sachen kommerzielle eBooks in Deutschland early adopter. Dass der Besitz von eBooks noch ein paar Haken hat, war mir klar. Damit, dass ich nun meinen frühen Käufen hinterherrennen darf, um die Kopie noch einmal zu bekommen, damit hatte ich nicht gerechnet.
Aber der Reihe nach.
2010 kaufte ich mir das erste iPad und erinnerte mich daran, dass ich im Sommer 2009 ein längeres Gespräch mit einem Mitarbeiter von Textunes hatte. Damals noch im Rahmen eines Innovationswettbewerbs, denn ich plante das Geschäftsfeld zu wechseln und wollte einen eBookverlag gründen. Es kam dann alles anders, ich wurde krank und an eine inhaltliche Neugründung war nicht zu denken.
So wollte ich 2010, weitgehend ruhiggestellt und sehr lesehungrig, zumindest ein engagiertes Startup unterstützen – außerdem hatte Kindle noch keine App und iBooks vorwiegend englische Titel – und kaufte eine ganze Reihe Bücher bei Textunes. Da das Angebot beschränkt war (man lieferte übergangsweise als Ersatz Papierbücher aus, die als eBook noch nicht vorlagen und die Verlage listeten scheinbar nicht alles bei Textunes) wechselte ich nach ein paar Monaten zu iBooks. Im Bookshelf der Textunes-App standen ca. 10 Titel.
Ende 2012 kam die Nachricht, daß Textunes demnächst zu Thalia gehört, was mich für die Unternehmer sehr freute und dazu ein App-Update, dass das Lesen fast unmöglich machte, die App stürzte ständig ab, die Bücher waren problematisch zu laden und ein Buch aus einer Sonderaktion fehlte außerdem.
Ich beschwerte mich, nach ein paar Tagen fand man das Mavil-Comic und schob es mir wieder in die Datenbank. Das mit der App dauerte etwas länger, aber funktionierte auch, so dass ich den ersten Teil der Quicksilver-Trilogie endlich zu Ende lesen konnte.
Daraus hatte ich gelernt, ich machte von iBooks und Kindle Datensicherungen über Calibre, damit mir niemand die Bücher unter dem Hintern wegziehen konnte, für die ich einen Euro weniger als den Listenpreis für Papierbücher bezahlt hatte. Mit Textunes bzw. der Thalia-App ging das Anfang 2013 noch nicht, die Bücher wurden scheinbar immer wieder neu geladen und nicht gespeichert.
Erst jetzt machte ich die App noch einmal auf. Hm. Fragmente waren noch zu sehen, die Buchtitel waren noch da, die Texte nicht mehr. Ich machte ein Update, denn es gab längst eine neue Version und dann war alles weg. Das Textunes-Login funktionierte nicht mehr, ein Thalia-Login hatte ich nicht. Ein Blick auf die Thalia-Seite zeigte mir, ok. man kann jetzt auch die Dateien sichern, man sollte es sogar.
Der Telefon-Service von Thalia meinte, nach über einem Jahr seien die eBooks nun weg, man hätte sie lange genug vorgehalten für die alten Kunden. Einen Hinweis, die Daten zu sichern bzw. ein neues Konto anzulegen, hatte ich nicht bekommen. Aber man wolle sich kümmern. Zumindest heute erreichte mich die Mail, man habe das Problem an Textunes weitergeleitet. Ich bin gespannt, was passiert, dort war man damals bei meiner Nachfrage nach dem verschwundenen Comic auch eher genervt bis pampig. Und ich hoffe nicht, dass ich uralte Kreditkartenbuchungen zusammensuchen muss, um meine Käufe zu belegen.
Meine Schlussfolgerungen aus der Geschichte:
- eBooks immer selbst sichern. Wenn man sie nicht eigenhändig sichern kann, dann woanders kaufen.
- Möglichst ein Format für teure Bücher von etablierten Verlagen, einen Reader oder eine App für alle Bücher benutzen. Da bin ich dankbar für Ratschläge, welche App das sein könnte.
- Sich nicht erzählen lassen, der Datenverlust von eBooks beim Anbieter der Bücher und der App wäre eigene Schuld. „Als hätten Sie ein Buch liegen gelassen.“ Nö. Ich verschmeisse meine Sachen lieber selbstverantwortlich.
Wer Bücher im eigenen Regal behält, nachdem er sie mir verkauft hat, muss dafür sorgen, die mir wieder zur Verfügung zu stellen. Ich sehe auch keine Notwendigkeit, im Monatsabstand in einem Laden nachzuschauen, ob man die Bücher jetzt mitnehmen darf oder ob sie noch da sind.
Tja, Neuland eben.
Edit: Vorbildlich. Es hat tatsächlich nur zwei Tage gebraucht, bis die Bücher wieder da sind. Der Kundendienst von Thalia hat sich gut gekümmert.
Bin ich froh, daß ich so altmodisch bin. Meine seit umpf’n‘-zig Jahren geladenen Bücher sind vielleicht etwas gilb und wellig und riechen ein bissel nach Rauch, aber sie funktionieren einwandfrei.
Ja, aber die kann man nicht nachts kaufen und im Dunkeln lesen. Da bin ich mittlerweile ein wenig abhängig.
Für letzeres zumindest hab ich nen Trick: ich mach einfach das Licht an. Genial, oder?
Ich habe nur eBooks, bei denen ein Verlust keiner wäre, oder solche, von denen ich auch die gedruckte Version besitze. Weil die Anbieter, Verleger, Händler solche Ganoven sind, die z.B. durchgesetzt haben, dass uns die Bücher eh nicht gehören, wie es physische Bücher würden, sondern wir nur ein beschränktes Nutzungsrecht erworben haben. Wir dürfen sie nicht weiterverkaufen, nur mit grossen Mühen verleihen oder auf mehreren Geräten im selben Haushalt lesen und werden auch sonst wie kleine Kinder gegängelt und mit hanebüchenen Ausreden abgespeist. Mündige Verbraucher sehen für mich anders aus.
Es ist wirklich ärgerlich, wenn man den Büchern so hinterherlaufen muss. Aber ich fürchte, wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Bücher letztlich immateriell sind, und auch der „Besitz“ einer Datei nur einen Zwischenzustand darstellt. Das Buch als Datei auf dem eigenen Gerät ist, glaube ich, nur ein technisches Detail, mehr nicht. In Wirklichkeit „gibt“ es wohl tatsächlich nur ein Leserecht. (Und Bücher sind dasselbe wie Websites.) Mit allen Schwierigkeiten, die das bedeutet, insbesondere wenn das Unternehmen, das dieses Leserecht, diese Website verkauft hat, nicht mehr existiert. Es könnte ein paar Jahrzehnte dauern, bis sich auf dieser Grundlage eine Kultur aufgebaut hat, die in jeder Hinsicht genauso verläßlich funktioniert wie die der physischen Bücher, aber es gibt, glaube ich, keinen Weg daran vorbei.
Das finde ich völlig ok. Ich hatte darüber ein längeres Gespräch mit einem Patentanwalt, der sich schon sehr lange mit diesem Thema beschäftigen muß. Der meinte, wir werden hoffentlich irgendwann dort landen, dass nicht der Besitz oder das Kopieren einer Datei kostenpflichtig ist (um die ihr innewohnende Leistung zu bezahlen), sondern ihre Nutzung.
Nur, wenn ich von einem klassischen Verlag ein eBook erwerbe, dann zahle ich in Deutschland nur minimal weniger als für das Papierbuch, habe aber wesentlich weniger Verfügungsmöglichkeiten darüber.
Der reine Elektrobuchmarkt mit vielen Selfpublishern entwickelt sich hier gerade. Da sind die Kosten völlig ok. und bei den Autoren bleibt ein höherer Anteil hängen.
Zu deinen Schlussfolgerungen, kann ich dir folgendes, sich noch in der Entwicklung steckende Projekt ans Herz legen:
http://log-os.info/wordpress/
Dies fasst so ungefähr genau das alles auf, was zur Zeit noch sehr kritisch zu sehen ist. Wenn das irgendwann mal Realität wird, wird das Drama um die Rechte an unseren eigenen Daten, wieder mehr ein bisschen zu unseren Gunsten ausfallen.