Schubert im November

Gestern abend Premiere von Winterreise. So ein Gefühl habe ich lange nicht mehr im Kino gehabt. Zwischen ich geh gleich raus, das halt ich nicht aus und Wahnsinn und nee, das meint ihr doch jetzt nicht ernst oder? und ziemlich großes Kino.
Ein hammergeiles Buch, ein phantastischer Hauptdarsteller, Regie und Kamera kippen den ganzen etwas älteren Stoff dann noch jugendlich-ambitioniert auf die Seite und dann haben wir den Salat. Zu Tränen rührende Details und doch will das alles nicht zueinander. Immer wieder zerspritzelt alles wie ein Kaleidoskopbild. Aufnahmen von Himmel, Bergen und Städten in Kenia. Winter in Bayern dagegengesetzt und dazu Schubert Fremd bin ich eingezogen. Und Bierbichler singt, ich könnte mitheulen wie ein Wolf und es schneit. Und dann schreit er wieder rum, wie den halben Film durch und ich habe das Gefühl, ich bin in einer schlechten Theaterinszenierung. Lieber junger Regisseur, einem Schauspieler von dieser Stärke darfst du einfach nicht solche Freiheit geben. Der spült doch alles weg. Stell dich dagegen. Das hast du nicht geschafft.
Was ist geblieben?
Im Kopf setzt sich die Story neu zusammen. Die Geschichte eines sich in Saft und Kraft wähnenden Erfolgsmannes an dem die Zeit gnadenlos vorbeigegangen ist. Seine Welt und die Welt da draußen sind nicht mehr deckungsgleich. An dieser Bruchlinie existiert eine Zwischenwelt aus Aggression, Verzweiflung und panischer Zuversicht.
Einen der schönsten Schlüsse der jüngeren Filmgeschichte haben sie gewagt. Sie erzählen die Geschichte eines Mannes, der sich in Kenia gefunden hat. Er ist … – ansehen, kann ich da nur sagen, ich verrate nichts.
Schubert ist geblieben. Ich habe heute meinen Mezzosopran geölt, ihn ein bißchen runtertouren lassen, damit ich die Tenorlage kriege und habe gesungen, was ich aus der Winterreise kenne. Und als Zugabe An die Musik mit allen hysterisch-elysischen hohen Tönen. Und dafür mußte ich nicht mal unter die Dusche steigen.

httpv://youtu.be/Bm_AKMV0ME0