Wir brachen auch in diesem Sommer wieder Richtung Polen auf, um zu schauen, wo wir angenehm schlafen, schreiben, lesen und essen können. Diesmal ist unser Schlösserhopping etwas organisierter, wir haben vorgebucht, denn in Polen ist Ferienzeit und gerade an den Wochenenden sind die Schloßhotels in der Nähe von Großstädten voll belegt.
Wir fuhren über Frankfurt (Oder) in Richtung Poznan und um die sehr weitläufige Stadt herum. Großpolen boomt noch mehr als in den Jahren zuvor. Wir fuhren nicht nur an neuen Fabriken jeder Größe, sondern auch ständig an Firmen vorbei, die Industriepaletten anboten, mitunter sogar rund um die Uhr. Ich würde daraus folgern, dass die Dinger gefragt sind, manchmal auch schnell, weil über Nacht eine Lieferung auf den LKW muss.
Das Wetter ist wunderbar, die goldenen Spätsommertage sind angebrochen und die Felder werden abgeerntet, das Land sieht so verzaubert aus wie beim ersten Schnee.
Unweit der Stadt Sroda stiegen wir in einem spätklassizistischen Gutshaus ab.
Das kleine Haus ist im historischen Stil saniert und bietet eine Menge Blingbling und Antiquitäten-Nippes, den die Polen so lieben – in den 70ern war Polen schließlich das einzige sozialistische Land, in dem man noch Kronleuchter kaufen konnte – und ein paar schöne Details für die Bequemlichkeit: Ein französisches Bett (sonst sind getrennte Betten Standard), eine große Badewanne (man duscht sonst lieber) und feine Teppiche und Tapeten. Unser Zimmer hatte darüber hinaus den Balkon über dem Eingang, der früher zum Ausblick über Straße und Felder diente und der noch einmal so groß war wie Zimmer und Bad war.
Polnische Paläste sehen manchmal wenig angenehm nach historischer Retorte aus, die Einrichtung hier war gerade richtig, mit einem guten Farbkonzept, wohlausgewogenen Proportionen und geschmackssicher ausgesuchten Stoffen und Möbeln.
Mit uns logierte eine fränkische Großfamilie, aber man ging sich sogar beim Essen aus dem Weg, denn die Tafel war fünf Meter lang. Gebratener Fisch, Pommes und Salat wurde serviert, morgens erwartete uns ein großes polnisches Frühstück zu der Zeit, die wir uns aussuchten.* Wir verbrachten den Tag auf dem Balkon und schrieben, ich nickte auch mal ein, strickte und tauchte in die Badewanne. (BTW. Wir bloggten fremd, das Gemeinschafts-Schwimmblog Freistilstaffel ist jetzt online.)
Am zweiten Abend wurde aus dem Diner ein Barbecue am Lagerfeuer mit einer Menge polnischer Bratwürste, Tomaten und Brot.
Der Service war charmant Bullerbü. Eine ältere Dame, die sich kaum mit uns verständigen konnte (mein Pidgin-Russisch-Polnisch versteht keine Sau), machte die Küche, ein älterer Mann den Garten und die Tochter der Besitzer, die selbst gerade mit Kind Urlaub machte, brachte uns, was wir brauchten. Ansonsten ließ man uns in Ruhe. Kein Konsumdruck, keine Umstände, aber einfaches und gutes Essen, das war sehr angenehm.
Manchmal kam eine große Wolke Landluft geschwebt, nebenan waren Schweineställe, dann ratterte ein Mähdrescher oder donnerte ein fernes Gewitter das den ganzen Tag Wolkendrama am Horizont machte, sonst nichts.
Wenn wir nicht ganz am Anfang unserer Reise gewesen wären, wären wir gerne noch länger geblieben, wir mochten den unprätentiösen Service und die schönen Räume und es sah so aus, als wären wir am Wochenende die einzigen Gäste, aber wir wollten noch mehr sehen und fuhren weiter.
Die richtig schönen Fotos (natürlich mit Text) gibt es wie immer beim Grafen.
*Dieser Horror der deutschen Hotels: „Frühstück von 7:30 Uhr bis 9:30 Uhr, auf Anfrage gern eher“
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