Kleiner Rundumschlag

Heute gibts Gemischtwarenladen.

Als erstes eine kleine Beichte. Auch wenn ich die Kombi Süßscharf sehr mag und auch an Karamel mit Salz nicht vorbeigehen kann (was ich als Kind absolut widerlich gefunden hätte!), ich hasse Eis mit Lavendel, Basilikum, Sellerie, Parmesan und ähnlichen Krempel, auch Schokolade mit Chili kommt mir nicht ins Haus oder gar Kürbismarmelade oder Konfitüre mit Salbei oder was-halt-grad-da-ist „Ach da mach ich noch ne Banane rein!“ – Gelierzucker kriegt ja alles fest. E-kel-haft! Pur ist mir lieber. Das ist wie mit Stoffen, wo man mit buntem Druck viel kaschieren kann und danach egal ist, wieviel Falten die Nähte werfen oder aus welchen Textilabfällen der Stoff unter der Farbe eigentlich besteht.

Die Woche war mal wieder wild. Eigentlich war alles gut geplant, sogar mit Ruhezeiten, weil ich am Anfang der Woche eine Wurzelkanalbehandlung hatte. Die Behandlung selbst war gar nicht soo schlimm, wie ich Zahnarztschisser mir ausmalte. Allerdings explodierte mir 30 Stunden später die Backe und ich habe ein Rezept Penicillin gewonnen.
Es ist absolut irre. Trotz dazukommender Erkältung bin ich fitter denn je, wenn meiner inneren Bakterienbesiedlung der Kampf angesagt wird. Ich hatte das schon einmal vor ein paar Jahren. Keine Ahnung, was das ist, aber da ich innerlich auf Schonung aus bin und dann merke, ich bin ja aktiver als sonst, kann es keine selbsterfüllende Prophezeiung sein.
Ich imaginiere nun, dass ich innerlich zu anderen Zeiten mit Myriaden von Marvins gefüllt bin.

Über die Bundestagswahl mag ich mich nicht äußern. Man kriegt, was man bestellt. Und wenn man statt zu bestellen unverständlich fürs Personal rumhampelt oder weggeht, steht hinterher ggf. etwas auf dem Tisch, was man nicht wollte.
Wie heißt es? In der Krise liegt die Chance. Leicht wird es sicher nicht.

Man kann sich jetzt hundertfach fragen, warum das so ist. Heute in geselliger Runde tat das jemand, der seit einiger Zeit in Dresden in einer großen Institution arbeitet. Der feststellte, dass man „auf der Leitungsebene“ unter sich die „da unten“, die Haushandwerker, Techniker, Wachleute, Kassiererinnen und Putzfrauen, nur als Dummköpfe und Idioten bezeichnet hatte. Zusätzlich durften die Dummköpfe und Idioten im Auftrag der Leitung Transparente ans Haus hängen, dass man weltoffen sei.
Das hat schon etwas Brechtsches.

Thomas Oberender schreibt in der Zeit (Bezahllink)

„Es gibt einen Kolonialismus des Liberalen, der in der innerdeutschen Geschichte als solcher bislang nicht wahrgenommen wird.“

Es haben zwei die gleiche Sprache, hatten bis 1945, sogar länger, dieselbe Historie und werden dann völlig unterschiedlich geprägt. Von der gesellschaftlichen Struktur bis tief in den privaten Alltag hinein. Wenn dann der eine über den anderen meint, er sei ein hinterwäldlerischer Depp, weil er erst einmal lernen muss, was ein Bankkredit ist oder wie das Rechtssystem nach der Wiedervereinigung funktioniert, dann bleibt etwas zurück.
Ich habe mich den ersten fünf Jahren des Chaos in den 90ern durch Flucht nach vorn entzogen. Während die Werte- und Wirtschaftsstrukturen in der ostdeutschen Provinz zusammenbrachen, unterhielt ich mich an der Uni über Poststrukturalismus.
Ich wäre eine andere, hätte ich nicht mein erstes Studium geschmissen. Ich hätte sehr wahrscheinlich als Gartenbauingenieurin 1991 den Job verloren, wie die meisten in der Landwirtschaft.
Es ist wenig Verdienst dabei, in dem Teil Deutschlands geboren und aufgewachsen zu sein, dessen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sich als das überlegenere erwies.

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