Das Leben geht trotzdem weiter.
Das habe ich gestern geschrieben, veröffentlicht und nach zehn Minuten wieder offline gestellt.
Als ich hörte, daß sie vom Beerdigungsinstitut noch nicht abgeholt wurde, wollte ich es erst akzeptieren, nachdem ich sie noch einmal gesehen hatte.
Manchmal begreift man Redewendungen erst, wenn man sie erlebt hat. Kalt wie der Tod.
Ich war am Abend bei ihr, nachdem ich mit Tage darum gedrückt hatte. Etwas anderes war immer wichtiger. Angeblich. Ich hatte Angst, ihrem körperlichen Verfall zusehen zu müssen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie die Reduktion eines Menschen noch zu steigern war.
Sie erkannte mich zu meinem Erstaunen. Vater und Onkel hatte sie seit Tagen nicht mehr erkannt. Sie wollte etwas sagen, konnte es aber nicht. Ich redete, redete, redete. Vom Frühling und den blühenden Apfelbäumen. Vom Kind und seiner Krise beim Studium. Von der Liebe und von der Wohnungssuche (Sie hatte mich in den Monaten vorher immer wieder danach gefragt: Ist das jetzt etwas richtiges, etwas ernstes, wollt ihr wirklich miteinander oder ist das nur so?)
Sie atmete schwer und langgezogen. Ich legte ihr die Hand auf die Stirn, das hatte sie immer beruhigt. Ich redete davon, wie sie mir das Daunenbett auf die andere, die kühle Seite drehte, wenn sie nachts noch einmal nach mir sah. Ich hörte mich reden. Daß ich sie nicht vergessen werde, daß so viel von ihr in mir ist und weiterleben wird.
Manchmal krümmte sie sich zusammen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie keine Schmerzen hatte. Keine Schmerzmittel bis jetzt. Die Schwester, die ich fragte meinte, sie hätte keine Schmerzen, sie würde es beim Drehen und Anfassen merken. In diesem Zustand könnte sich niemand mehr die Schmerzen verbeißen.
Nach einer Stunde fuhr ich nach Hause. Mit dem Versprechen, am nächsten Tag wiederzukommen. Ich dachte auf dem Rückweg darüber nach, wie zäh ein Mansch sein muß, vier Monate zu überleben, ohne zu essen, die letzten Tage ohne zu trinken.
In der Nacht schlief ich fest und traumlos. Am Morgen rief mich mein Onkel an und sagte mir, daß sie gestorben ist.
mein beileid
Ich finde es sehr schön, dass Sie noch einmal Abschied nehmen konnten. Den meisten ist das in dieser Form nicht mehr vergönnt, aber es hilft beim Akzeptieren des Unabänderlichen. Mein Beileid, auch.
Ich freue mich trotzdem, dass Du ihr noch soviel Schönes mit auf den Weg geben konntest. Ich denke, Du hast ihr es damit sehr leicht gemacht gehen zu können. Und sie scheint auf Dich gewartet zu haben.
Auch wenn Du jetzt traurig bist, das ist ein schöner Tod und Abschied. Freue Dich ruhig zwischendrinnen darüber!
Ich fühle mit Dir und wünsche Dir Kraft für Deinen Weg.
Stille Grüße
Mo
Werte Kitty, mein tiefempfundenes Beileid!
Und vielen Dank für die einfühlsamen Geschichten um KKM…
Mein Beileid. Schön, dass Sie bei ihr sein konnten, das ist doch das wichtige, nicht die Tage davor. Sie hat das bestimmt alles hören können, was Sie ihr erzählt haben!
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danke an alle!
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Mir bleibt in solchen Momenten immder das Wort im Halse stecken.
Vielleicht, weil ich schreckliche Angst davor habe, vor diesem Unausweichlichen, und „mein Beileid“ für mich nicht das ausdrückt, was ich beim Lesen Deines Textes empfinde, was Deinem Schmerz ebenbürtig wäre. Ich fühle mit Dir, KK, und umarme Dich im Geiste.
das tut mir sehr, sehr leid …