Es ist wieder ein Jahr vergangen. Wenn du deine Legende aufrecht erhalten hättest, würdest du 50 werden. So feierst du ganz reell deinen 53. oder 54. Oder auch nicht – quien sabe? Da du immer wieder einen reset fährst, ist viel Spielraum. Scheinbar.
Das, was zu sehen und zu fühlen ist, bricht die jugendliche Attitüde.
Aber tröste dich, du bist nicht allein mit deiner Trauer um deinen vergehenden Körper, deine schwindende Kraft und die unerbittlich verrinnende Zeit.
Der Erzengel im Gedicht von Alberti sagt immer wieder: Ich war… – Yo era…
Benjamin schreibt über Klees Angelus Novus einen kleinen Text aus verwundenen Zitaten. Der Engel sieht in die Vergangenheit und wird vom Sturm des Fortschritts in die Zukunft getragen. Unaufhaltsam.
Irgendwann überqueren wir alle den Pass. Und sehen voll Entsetzen, daß es nur noch abwärts geht. Die Qualen unseres Aufstiegs haben wir längst verklärt und wir nehmen nicht wahr, wie viel leichter es ist, herabzusteigen.
Als ich dich zum ersten Mal sah, habe ich vermutet, du wärest Mitte/Ende 50. Später, unter der Behauptung, du seist 48, dachte ich, du hast ein Alkoholproblem oder zu exzessiv gelebt.
Was bist du dir wert, so, wie du heute in den Spiegel schaust? Weniger als früher? In der falschen Haut? Über Nacht bestohlen? Würdelos?