Free Kitty

Der Bericht von der letzten Woche im märkischen Seelen-Bootcamp sollte eigentlich so aussehen: Noch mal volles Programm mit Namen tanzen, die Gruppentherapie etwas aufmischen, an einem Quilt nähen, stricken, Sport machen, Bogenschießen, durch den Wald wandern und Schwimmen, viel Schwimmen. Dann am Freitag schon den größten Teil der Sachen mit nach Hause nehmen, das Wochenende in Berlin verbringen und am Montag endgültig auschecken.

Und so sah es dann wirklich aus:
Montag morgen war klar, dass das Schwimmbad wegen der Noro-Viren-Infektion noch für zwei Tage geschlossen bleibt, ebenso die Lehrküche, das Kaminzimmer und die Cafeteria. Ich war den ganzen Tag bleiern müde, am Abend vorher war ich um halb 10 ins Bett gegangen, trotz faulem Wochenende.
Dann ein Gruppentherapiegespräch über Autarkie und Auflehnung gegen sinnlose Vorschriften. Nicht von mir initiiert, sondern von einer resoluten türkischen Mama, die sich absolut für blöd verkauft vorkam. Mit dem Therapeutinnenvorschlag: Da muss man sich halt mal anpassen und Dinge hinnehmen und meiner Gegenfrage, ob Leute mit Depressionen, die hier 75% der Psychosomatik ausmachen, nicht schon trainiert genug im Hinnehmen, Wegtauchen und Geschehenlassen seien.
Montag Abend wußte ich: Ok., mich hat es auch erwischt. Trotz pingeliger Hygiene und Vermeiden von Menschenaufläufen. Der Backgroundsound zu dieser Erkenntnis war der Junge von obendrüber, der eine Stunde lang ununterbrochen brüllte und schrie und dazu gegen Möbel trat.
Wie die Nacht verlief, kann man sich denken. Mit Fieber, Schüttelfrost und dem Klo als bestem Freund.
Dienstag morgen gab ich das bekannt und musste fortan im Zimmer bleiben. Es gab viel Tee, eine Scheibe glutenfreies Brot, Reiswaffeln und eine Banane an die Tür gebracht. Ärzte sahen zweimal nach mir. Ich schlief viel und es ging mir langsam besser.
Nachts lag ich dann wach und hatte Hunger. Holte mit Tellkamps Turm die Miefigkeit und Enge der DDR hoch. Dieses atemabschnürende Netz von Regeln, geschriebenen und ungeschriebenen. Dieses: wir sehen es natürlich, wie du dich da halblegal durchwindest, aber wann und wie wir dich deshalb maßregeln, behalten wir uns vor. Der Gedanke „Das ist nicht nur Geschichte. Das erlebe ich wieder, gerade, jetzt.“ sprang mich an.

Ich realisierte endlich, dass es mir ab der Hälfte dieser Reha immer schlechter ging. Ich fühlte mich ohnehin vom ersten Tag an innerlich alarmiert, war immer auf dem Sprung, schlief nur oberflächlich, entspannte mich nie. Wenn ich mehr als sechs Stunden unterbrechungsfrei schlief, war das der Vorbote einer Krankheit.
Man hätte mich auch hinter einer Pappwand auf einem Berliner U-Bahnhof unterbringen können, dann hätte ich die gleiche Geräuschkulisse und Frequenz unangenehmer Menschen gehabt.
Ich wurde krank und wieder krank und immer wütender, mühsam aushaltend. Immer diese Erklärungen an mich selbst, dass das eben so sei. Dass das Zusammenleben mit einer großen Gruppe Süchtiger Verständnis und ähnliche Opfer erfordere: Nicht auf dem Zimmer essen, Kaffee nur nach Genehmigung, nicht einfach abhauen und woanders essen oder es sich anderweitig gut gehen lassen, eine angenehme Atmosphäre fordern. Dass es doch auch für mich gut sei, auf einiges zu verzichten, aus meiner Komfortzone herauszukommen. Dass das Leben kein Ponyhof sein. Dass ich mir das doch ausgesucht hätte. Dass es doch auch mir gut tun müsse, wenn es anderen gut tat.*

Dass da Muster drinstecken und eine Menge Meta-Information über mich selbst, ist schon klar. Die Frage ist nur: Brauche ich dazu so eine mich schädigende, für die Gesellschaft sehr teuere Aktion?

Ich trat Tag 2 meiner Quarantäne einigermaßen wiederhergestellt und mit einem Bärenhunger an und hatte im Kopf, dass ich noch bis Donnerstag aushalten müsse, mit Stricken, Hörbüchern und der Nähmaschine im Zimmer sollte das wohl gehen. Ich könnte mich dann am Freitag um meine Abreise kümmern und alles Schöne noch mitnehmen – unter anderem Bogenschießen und Schwimmen – und dann wäre es das fast.
Der Besuch der Ärztin nach dem Frühstück (Reiswaffeln, Diätmargarine, Light-Marmelade, Putenwurst) zerstörte diesen Plan: Der Krankheitsverlauf wäre etwas untypisch, aber es brauche Quarantäne bis Freitag nachmittag 16 Uhr. Ich zuckte erst einmal resigniert seufzend die Schultern.
Der Graf schrieb, er könne mich sofort abholen. Das Kind wies mich auf die Tweets der letzten Nacht hin und meinte, das klänge gar nicht gut, mir würde es in vertrautem Umfeld sicher besser gehen.
Ich realisierte langsam, was das hier bedeutete. Ich würde den Rest der Reha in einem 18-Quadratmeter-Zimmer verbringen, das nach Fußbodenkleber roch. Das Essen könnte ich mir nicht aussuchen und würde mir gebracht. Das Internet funktionierte nicht zuverlässig, Telefonieren wäre schwierig und teuer. Ich dürfte mir durchs Fenster die Laubfärbung ansehen und mit dem Zwergalpenveilchen sprechen, das ich aus der abrißgeweihten Therapiegärtnerei gerettet hatte.
Einzelhaft. Brauche ich so eine Erfahrung? Will ich völlig zerlegt hier raus gehen, nachdem ich ziemlich gesund reingegangen war?**

Der Entschluss dauerte eine Stunde, der Schalter legte sich eigentlich von allein um. Ich rief den Pflegedienst an, meine einzige Kontaktmöglichkeit zum Rest des Camps. Ich wolle nach Hause und deshalb den Chefarzt sprechen. (Der Bezugstherapeutin, die jünger als das Kind ist, traute ich da wenig Entscheidungskompetenz zu.) Man erreichte niemanden und versprach, sich zu kümmern. Die Durchwahl könne man mir leider nicht geben. Wenn ich mittags noch nichts gehört hätte, könne ich ja noch einmal daran erinnern…
Nun wußte ich, wie die Mailadressen dieses Ladens aussehen. Schließlich hatte ich im letzten Job auch für diese Klinik gedienstleistet (also Elektroingenieure vermittelt, ähm, na Sie wissen schon).
Ich schrieb mein Begehr noch einmal in eine Mail und adressierte sie an mehrere zuständige Leute und gab ihr die Priorität „sehr hoch“. Vodafone im Edge-Modus brachte sie auf den Weg.
Der Graf meinte: Geben wir ihnen eine Stunde. Sonst fahre ich einfach so los und hole dich raus. Ich begann schon mal zu packen.
Nach 55 Minuten meldete sich die junge Bezugstherapeutin:
Ob ich denn ein Problem hätte und darüber reden wolle.
Ickeso: Nö, jetzt nicht mehr. Ich wolle nach Hause und wir sollten besprechen, wie das denn am besten zu organisieren sei. Ich hätte nicht vor, den Rest der Woche im Zimmer zu sitzen und immer kränker zu werden.
Sieso: Ob mir denn geholfen wäre, wenn die Quarantäne ab jetzt aufgehoben wäre?
Ickso: WTF? Ich wäre immer noch angeschlagen, könne also nix sportliches machen und alles andere wäre den anderen gegenüber wg. Ansteckungsgefahr ziemlich asozial.
Sieso: Aber das käme so plötzlich und man hätte hier bestimmte Verwaltungsabläufe, das ginge nicht so einfach.
Ickeso: Naja. Wenn das so schwierig wäre, könnte ich ja vielleicht erst morgen abreisen… (in meinem Kopf dröhnte es laut IDIOTIN!!!) oder die Papiere erst morgen abholen lassen…
In dem Moment kam eine DM vom Grafen. Es wäre schon unterwegs. Extra mit Anzug und Schlips, um sich hier ein bisschen abzuheben.
Ickeso: (Mein Ritter!) Ähm nein, mein Mann wäre schon unterwegs, ich würde auf jeden Fall heute abreisen.
Sieso: Die anderen Beteiligten, Chefarzt und Ärztin würden sich auf jeden Fall noch mal melden.

Ich packte weiter. Nach einer halben Stunde großer Auftritt Ärztin:
Sieso: (Leise anfangend, sich in arg gehobene Stimmlage steigernd.) Sie sei enttäuscht, fühle sich erpresst, unter Druck gesetzt, überrascht, hintergangen, hätte ihre normalen Termine, warum ich denn heute Morgen nichts gesagt hätte, man müsse auch mal was durchhalten, mimimi…
Ickeso: (WTF, kommt die mir auf der Beziehungsebene? Die gehobene Stimmlage aufnehmend.) Sie hätte vor mehreren Stunden eine Mail erhalten und genug Zeit gehabt, zu reagieren. Es ginge hier um mich und meine langfristige mentale Verfassung, um nichts anderes.
Sieso: Na das sei Sache der Therapeuten. (haut die Tür zu)

Ich packte die letzten Sachen, aß kurz das vom Pflegedienst gebrachte Mittagessen, trockener Reis mit Fisch und eine Banane. Informierte die Rentenversicherung per Mail über den Abbruch und die Bezugstherapeutin darüber, dass der Graf bald eintreffen werde. Sie rief sofort an.
Sieso: Ob ich denn so schnell los wolle? Es gäbe da ein Problem, die Ärztin würde den Entlassungsbericht nicht so schnell fertig bekommen.
Ickeso: Ich wüsste, dass sie Probleme habe, Entlassungsberichte mit dem Computer fertigzumachen, statt old school den Schreibdienst zu bemühen. (Das hatte ich in der Anfangskonsultation gemerkt, als sie in den Textbausteinen und Datenbankfeldern umher eierte. Computer gehören dort noch nicht lange zum Arbeitsmittel.) Wir würden warten, bis sie fertig wäre, notfalls auch bis zum Feierabend, kein Problem.
Das konnte ich mir nach dem Auftritt der Dame leider nicht verkneifen, denn nun wußte ich, wo die hohe Emotion herkam. Digitalkomptenz hat man dort nicht. Man heilt schließlich auch Internetsüchtige.

Eine halbe Stunde später kam der Graf. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich war schon fast wieder gesund. Er ging kurz auf den Laufzettelrundgang, den ich wegen der Quarantäne nicht machen durfte, holte die Reisekostenerstattung ab und übermittelte diverse Grüße. Dann stattete er noch der Therapeutin und Ärztin einen Besuch ab (Törööö! Der Entlassungsbericht war fertig.) und belud das Auto.

Wir fuhren vom Hof, die Sonne kam raus und ich fühlte mich prächtig.

 

*Der Graf hatte schon in der Woche zuvor, als die Quarantäne-Maßnahmen ausgeweitet wurden, gemeint, jetzt würde es wirklich prekär. Ob er mich denn abholen solle. Ich wollte nicht. Sein Kommentar hinterher: Da hast du halt noch an den Endsieg geglaubt. Touché.
**Ich verstand jetzt, warum die anderen aus den Zimmern gingen, um an der Raucherinsel die anderen zu treffen. Wenn du auf Entzug bist und das Konzept, dich da durchzubringen Kraft der Gemeinschaft heißt, dann ist Quarantäne Folter. Das Kind hatte es mir schon erklärt, jetzt kapierte ich es.

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20 Gedanken zu „Free Kitty

  1. Ich bin sehr froh, dass du Menschen wie den Graf und das Kind um dich herum hast. Und, dass du aus dieser Reha-Folter hoffentlich einigermaßen unbeschadet herauskommst. In dir steckt mehr Stärke, als alle Therapeuten denken.

    • Was mich ärgert, dass ich es immer noch nicht gelernt habe. Ich halte immer noch viel zu lange auf verlorenem Posten durch. Aber ich glaube, die Lektion sitzt jetzt.
      Und mein Umfeld ist wirklich Gold wert.

  2. Liebe Kitty,

    Sie sind zu intelligent, zu autark. Dieses moderne globale System der Verblödung ist nix für Sie. Eine Reha in dieser BRD dient NIE zur Gesundung des Menschen, sondern IMMER der Feststellung, ob das Menschenkind ARBEITSFÄHIG ist. Denn NIEMAND möchte für Sie zahlen. Keine Krankenkasse und keine Rentenversicherung Bund. Psychosomatische Rehas sind nur dafür geschaffen, um den Hamster weiterhin im Laufrad seine Runden drehen zu lassen. Da können Sie über 30 Jahre in die Kassen eingezahlt haben, Sie werden im Krankheitsfall zum Spielball der Systeme.
    Sie haben einen starken Partner an ihrer Seite! Ich wünsche Ihnen aufrichtig alles erdenklich Gute!

    Liebe Grüße
    Peter

  3. liebe Kitty,
    ich lese ja seit vielen Jahren bei dir, auch damals auf twoday und auf dem Zauberberg und nun verfolge ich fassungslos, Deinen Aufenthalt in dieser medizinisch-psychologischen Zentrale der Weltherrschaft. Grauenvoll…. da wäre ich längst abgehauen oder hätte die Therapeuten mal aufgemischt. Ich darf das…. grins… bin ja vom Fach. Na Wurscht…..jedenfalls freue ich mich, dass Du entronnen bist, kluge und kampfbereite Fluchthelfer hast und das Haupt wieder oben trägst (wo es ja auch hingehört – Arztgefühle hin und Therapeutengedöns her).
    Liebe Grüße, Ro

    • Danke! Ich habe übrigens oft daran gedacht, wie du dieses Camp wohl sehen würdest. :)
      Ich glaube, die haben da eine ganz gute Entzugseinrichtung und da Psychosomatik so prima geht, haben sie das halt aufs Geschäftsmodell aufgesattelt. Das merkt man an allen Ecken und Enden.
      Ich hätte auf frühe Signale achten sollen, aber die konnte ich nicht entschlüsseln. Ich glaube nämlich, dass die Leute ziemlich genau wussten, dass ich da nicht hinpasse.

  4. Hi Kitty, ich hatte auch zwei sehr zwiespältige Reha-Erfahrungen, die ich im Übrigen nur dank Immer-wieder-mal-auswärts-lecker-Essen durchgehalten habe. Was die MItpatienten gar nicht verstehen konnten: Die fanden den Klinikfraß super… Das Publikum war bis auf wenige Ausnahmen unterirdisch, die Therapeuten teilweise übergriffig und während der 2. Reha habe ich eine richtig fette Depression bekommen un dkam kränker raus, als ich reingegangen war – nicht nur wegen des fiesen Novemberregens und des Provinzmiefs, sondern vor allem wegen des rosa-bordeaux-goldenen Einrichtungsstils der ganzen Klinik, irgendwo zwischen Casino und Puff. Und ich bin dort Menschen begegnet, mit deren Lebenswelt ich lieber nichts zu tun gehabt hätte. Eigentlich war die Klinik auf Traumapsychologie für Gewaltopfer spezialisiert, die Stimmpatienten liefen so nebenher. So viel zum Thema Geschäftsmodellerweiterung. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich hätte auch einfach abreisen sollen. Respekt!

    • So ungut deine Erlebnisse waren, ich bin froh, dass ich nicht die Einzige bin, die kränker rauskommen könnte, als sie reingeht. Bin also nicht ich das Problem.
      (Nun gut, bis auf die Freundin, die mit der Diagnose von 4(!) Süchten aus einer Einrichtung rauskam und das auch noch glaubte.

  5. Puh, was soll man dazu sagen. Nun zumindest können sie Dich nicht als gesund entlassen haben. Das muss schmerzen.

    Frage zu Absatz 1, was hatte die Therapeutin auf Deine Frage geantwortet?

    • Dass sie mir für meinen interessanten Gedanken danke und die Zeit leider um sei.

  6. Hm. Wie qualitativ unterschiedlich solche Reha-Maßnahmen sein können. Ich hatte an anderer Stelle schon erwähnt das ich 2011 zwei Maßnahmen hatte. Die Erste ging Anfang des Jahres über 6 Wochen im tief verschneiten in Bayern. Die Zweite im November war eher eine Anschlussheilbehandlung nach der Wirbelsäulen-OP.

    Die erste Reha war hartes Training und auseinandersetzen mit sich selbst in einer Klinik die spürbar auf die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben ausgelegt – und mir geholfen hat. Mehr als alles davor und danach. Die Zweite, in Bad Schandau, war eher ein Altersheim mit angeschlossener Reha. Ich habe die Tage gezählt bis ich da weg konnte. Alleine der Mief von alten Menschen, das Gemurre, der Widerstand gegen Veränderung.

    Ich bin mir bis heute nicht sicher ob das nicht auch eine mentale Geschichte war…

    Aber die Tweets aus deiner Reha lasen sich eher wie der Bericht aus einer Erziehungsanstalt. Gut das du auf das Umfeld gehört hast.

    • Das blöde ist, die waren alle nett und engagiert. Sauber war es auch und das Essen schmeckte gut. Ich hatte nen Plan für mich, der war auch gar nicht hirnrissig und wurde unterstützt.
      Aber nach den Regeln derer zu leben, die andere Probleme haben (und denen damit auch sicher geholfen wird), war vollkommen bescheuert. Außerdem mochte ich viele von diesen Leuten nicht. Ihre versoffenen und verdrogten Schläger- und Gangstervisagen machten mir mehr Angst, als ich mir eingestehen wollte.

  7. Ohjeh, das klingt alles wirklich schlimm und abschreckend – dabei war ich doch so heilfroh, als mir vom Arzt eine Reha empfohlen und gleich auch mal von ihm beantragt worden ist. Bin nun völlig verunsichert, ob ich das überhaupt will….

    • Bewertungen lesen bringt tatsächlich was. Damit blieb mir eine andere blöde Anstalt erspart. (Die übrigens auch eine große Entzugsabteilung hatte.)
      Bei dieser Klinik war es so, daß ich nach dem Kommentar von einer Ärztin „ach da arbeite ich immer gern, die sind toll!“ darauf schloß, dass eine Frau wie ich, die viel Bedürfnis nach Autarkie hat und zudem Höflichkeit und Distanz als Wohlfühlumfeld bevorzugt, da als Patientin schon zurecht kommen wird.
      Meine Erkenntnis: Nie, nie wieder als Psychosomatikerin in einen Laden zu gehen, der als Hauptgeschäft Abhängigkeitspatienten hat.

      PS: Man hat ein Wunsch- und Wahlrecht und muß nicht die Klinik nehmen, die einem vorgeschlagen wird.

  8. Liebe Kitty, du bist ganz und gar nicht die einzige, die kränker rausgeht als sie hingegangen ist! Ich war vor 2 Jahren in einer Reha Klinik in Franken und hatte teilweise ganz ähnliche Erlebnisse wie du. Als ich ankam, grassierte schon die Grippe und hatte ein Drittel der Patienten und viele Therapeuten niedergestreckt. Ich war mit meinen psychosomatischen Beschwerden in der völlig falschen Klinik. Beim Essen wurde ich von einer anderen Patientin gemobbt, bis ich mir freiwillig einen anderen Tisch suchte. Am Ende hat mich die Grippe erwischt und ich musste die letzte Woche im Zimmer bleiben. Die Ärztin hatte mir Antibiotika angeboten und auf meinen Einwand, dass die bei einer Virusgrippe wohl nicht helfen würden, gemeint „Dann lassen wir es lieber?“ Mit Fragezeichen!
    Ich habe mich nachher zuhause gut von der Kur erholen können.
    Und ich hoffe, dass das auch bei dir der Fall ist!

  9. Liebe Frau Kitty,

    es tut mir leid, dass die Kur Ihnen nicht das gebracht hat, was Sie sich von ihr erhofften.
    Ich fühlte mich durch Ihre Schilderungen sehr an meine eigenen Kurerfahrungen erinnert. Vor neun Jahren war ich zur gleichen Zeit zu einer psychosomatischen Kur in Bad Kissingen. Noch vor dem Scheitern meiner Ehe, anderthalb Jahre nach meinem Schlaganfall. (Als braves DDR-Kind hatte ich die Termine nicht hinterfragt und verbrachte auch meinen 50. Geburtstag dort.)
    Zum Kurbetrieb als solchem gilt absolut das, was der Kommentator Peter Meyer schrieb.
    Ich gehörte zu dem Viertel der Patienten, das arbeitsfähig dort hinkam und auch als arbeitsfähig wieder entlassen wurde. Obwohl ich mich damals absolut nicht so fühlte …
    Nur mit dem Umfeld hatte ich wohl mehr Glück. Bad Kissingen ist ja eine klassische Kurstadt, da wurde einiges geboten. Brahms Requiem, einOtto-Reutter-Abend, ein Jugendstil-Bad, ein ebensolches Theater usw. Bis hin zum Kasino, wo die Frauen dienstags „fer umme“ (mannheimerisch für umsonst) reinkamen.
    Und Infekte gab es auch nicht.
    (Trotzdem will ich das alles nicht wieder haben.)

    Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall alles Gute,

    Mechthild E.

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