Ok. dann fange ich das Stöcken von Frau Casino mal auf:
1. Warum bloggst du? Könntest du deine Zeit nicht sinnvoller nutzen?
Wenn ich nicht bloggen würde, würde ich lesen. Der Snob schreibt sich bekanntermaßen die eigenen Bücher, da es für Bücher bei mir nicht reicht, blogge ich.
Spaß beiseite. Als ich vor 10 Jahren las, dass es Blogs gibt, war ich total getriggert. Diese Mischung aus Persönlichem, Schreiben, selbstbestimmtem Tempo und Form und (damals noch elitärer) Öffentlichkeit ohne kommerziellen Druck faszinierte mich. Ich wollte das auch. Vorher habe ich mal mehr mal weniger Tagebuch geführt, Automatisches Schreiben betrieben und als Autorin in einer experimentellen Filmgruppe mitgemischt, in der es ums Machen und nicht um fertige perfekte Produkte ging. Bloggen ist davon die paßgenauere und logischere Fortsetzung.
Als ich dann angefangen habe, wurde mir das Blog außerdem eine große Lebenshilfe. Ich konnte (anonymisiert und in den ersten zwei Jahren fast ohne Leser) über Dinge schreiben, die ich sonst niemandem anvertrauen konnte, da mein Freundeskreis überwiegend in meiner Branche arbeitete. Wie sollst du dich jemand empfehlen, wenn derjenige weiß, dass du für deinen Job kaum noch Kraft und Lust hast?
1b. Wieviel Zeit geht täglich drauf fürs Bloggen? Und wann schreibst Du?
Ich blogge meist am Vormittag, weil ich in früheren Jahren um diese Zeit noch Ruhe im Büro hatte, der Tag erst langsam anlief und ich auch. Ich hatte mal das Ritual von anderthalb Stunden Blog- und Zeitungsschau und selber schreiben.
Mir war das gar nicht so bewusst. Ich merkte das erst, als ich von twoday auf eine WordPress-Installation umzog. Das Import-Skript hatte einen bug, bzw. php hat einen bug, die englische und deutsche Zeitschreibung betreffend. Alle in der Mittagsstunde veröffentlichten Posts tragen nach dem Import das Datum 1.1.1970. Bei mir waren das fast die Hälfte.
Mal stecke ich viel Zeit ins Blog, mal wenig, das kommt darauf an, was mir gerade im Kopf rumschwirrt. Wenn ich längere Artikel schreibe, dann habe ich das Gefühl, zu viel Zeit dafür aufzuwenden und trotzdem zu oberflächlich zu sein – da stoße ich an die Grenzen des Genres.
2. Welcher Artikel aus anderen Blogs ist dir spontan im Kopf geblieben? (nicht zu lange nachdenken)
Bums, und schon bin ich blockiert. Ich poste deshalb auch keine Linklisten und keine Lieblingstweets, ich glaube immer noch, dass das, wofür ich mich interessiere, von anderen lächerlich oder befremdlich gefunden wird.
3. Dein absoluter Lieblings-Artikel in deinem Blog? (bitte mit Linkangabe)
Schwierig. Sehr wahrscheinlich die Charlotte-Texte: Charlotte I Charlotte II – Weil ihnen die Distanzsuche zu etwas sehr Zweispältigem, Persönlichem gut tat.
Drei GRÖNÖ oder Ismirschlecht mag ich auch sehr.
4. Welches Blog empfiehlst Du?
Einfach in die Blogroll schauen, die aber immer noch nicht vollständig ist.
5. Welches Thema liegt Dir am meisten am Herzen?
Das Leben in seiner Widersprüchlichkeit und Vielfalt. Konkret dann natürlich mein Leben, da kann ich am authentischsten sein. Dazu Klugscheisserei zu den Themen Medien, Darstellende Kunst und Kultur, über die ich mal was studiert habe.
Feminismus kommt dazu. Aber wie so oft aus der Außenseiter- und Analyseposition. Einfache Erklärungen und Konsens um den Preis der eigenen Meinung langweilen mich. Die Herren Leser goutieren es nicht immer. Aber was solls, ich überspringe epische Fußballposts auch.
6. Freundschaft. Hast du mehr Freunde im Internet, oder da draußen?
Viele Freunde im Internet sind nun enge, liebgewonnene Freunde draußen. Das Netz hilft, die Brüder und Schwestern im Geiste zu finden. Vor allem die, die einen draußen im Sozialleben nicht sofort extravertiert anspringen.
Die Freundschaften des Studiums haben sich nicht gehalten, weil wir in alle Welt verstreut sind und ich seit Jahren überwiegend digital kommuniziere, die Freunde aber im Analogen blieben („Schön, dass du anrufst, aber ich muss grade aus dem Haus und meine Mails checke ich eigentlich nie, ruf lieber an.“). Ich kann die nicht mal mehr googeln und im Telefonbuch zu stehen ist aus der Mode gekommen. Sehr schade, wie ich finde.
Die Freundschaften aus dem Medien-Arbeitsleben blieben sehr dem Job verhaftet. wir redeten auch fast ausschließlich über Arbeit und hatten sonst wenig Berührungspunkte.
Die RL-Freundschaften zu LaPrimavera und dem Geologen überspringen seit Jahrzehnten jedes Medium.
7. Ganz ehrlich und unter uns: wie oft checkst du die Statistik deines Blogs? (falls du eine hast)
Zweimal täglich, einmal morgens, einmal abends.
8. Kennt Deine Familie (falls Du sowas hast) Dein Blog? Und wie finden die deine Bloggerei?
Ja, aber bis auf den Grafen lesen sie, glaube ich, nicht ständig mit. Beschwert hat sich noch niemand. Aber die sind einiges von mir gewöhnt.
9. Verhältst du dich manchmal noch wie ein Kind? Wenn ja, in welcher Situation?
Wenn ich neue Leute kennenlerne. Dann bin ich noch immer das schüchterne kleine Mädchen, das abcheckt, was man von ihm erwartet.
Wenn ich allein unterwegs in weiter Landschaft bin. Dann fühle ich mich immer noch wie die Vierjährige, die in Strausberg am See wohnte und angezogen wie ein Junge allein die Welt erkundete.
Wenn jemand etwas von mir will, das ich zwar rational gut finde, vor allem wenn meine Nettigkeit oder Eitelkeit angesprochen werden, aber mein Bauchgefühl interveniert. Dann werde ich quengelig und hibbelig.
Wenn ich große Sorgen und Probleme habe. Dann bin ich als Kind in die Nische zwischen Wäschetruhe und Wand gekrochen. Ich gehe heute ins Bett und ziehe mir die Kapuze vom Hoodie über die Ohren und stelle mich tot, aber am liebsten hätte ich eine kleine enge Nische.
10. Was würdest du anders machen, wenn du mit den Erfahrungen von heute noch einmal neu im Alter von 14 Jahren beginnen dürftest?
Auch wenn mich manchmal das kleine „hätte ich mal“ überkommt, meine Biografie ist so völlig ok., konsequent und entspricht meinem Charakter, meinen Anlagen, meiner Herkunft und meiner Person.
Es gibt nicht viel, das ich nicht realisiert habe (dazu gehören nun mal nicht nur positive Dinge, alles hat zwei Seiten), zu unerfüllten Träumereien und Sehnsüchten neige ich nicht und meine Bucket List hat eine Menge Häkchen – die anderen kommen entweder noch oder sind nicht wichtig.
So, wie immer, ich bin die, die Kettenbriefe nicht weitersendet. Wer mag, kann sich das Stöckchen gerne abholen.
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