Frau Nessy schrieb heute über ihr Theater-Debüt als Mutterkuh im Kindergarten.
Es hat einen großen Vorteil, als Kind zurückhaltend und etwas trampelig zu sein. Man kam nämlich nie auf die Idee, mich in Theaterstücken zu besetzen. Einmal war ich in einem Formationsmassentanz mit ca. 400 anderen Mädchen besetzt, der anlässlich eines Pfingsttreffens im Oderkaff aufgeführt wurde (Dean Reed !!!! winkte mir von der Zuschauer-Tribüne zu, glaubte ich jedenfalls), aber da ging kleines dickes Kitty in der Masse unter.
Als aus dem kleinen pummeligen Entlein ein leidlicher Jungschwan metamorphierte, wurde ich Komparsin am Stadttheater. Ich hatte mein Debüt in der Finalszene einer Molière-Komödie. Da sie sich am Schluss alle kriegen, musste noch eine Braut für einen leer ausgegangenen Bewerber aus dem Hut gezaubert werden. (Im Original hatte die Maid auch noch vorher eine Szene, die war aber gestrichen.)
14 Tage vor der Premiere musste ich zur Kostümanprobe. Da der Kostümbildnerin nichts gefiel, was im Fundus hing, bekam ich ein Korsagenkleid aus weißer Spitze im Dior-Stil maßgeschneidert. Zwar aus Dederon, aber das sah ja keiner. Dann knüpfte man mir eine Perücke mit einer blonden Wallemähnen-Bardot-Frisur. Nur die Schuhe waren nicht so hot, die waren im Maalsaal mit weißer Lackfarbe gespritzt, die nach drei Schritten abplatzte, die geplanten weißen Seidenschuhe waren mal wieder Mangelware. Die Maskenzeit dauerte eine halbe Stunde. Lidstrich, angeklebte Wimpern, Schmoll-Lippen, Perücke… Ich sah so aus, wie in meinen pubertären Hollywoodstar-Träumen. Für jemanden, der sich unter dem Joch von Hässlichkeit und Unansehnlichkeit durch die Pubertät gequält hatte, war das Seelenmassage
Ich war die mit dem kürzesten Auftritt, der längsten Vorbereitungszeit und der tollsten Klamotte. Die Damen, die auf der Bühne im Schweiße ihre Angesichts ihren Beruf ausübten, waren not amused. (Unter anderem die Mutter eines heute recht bekannten Jungschauspielers.)
Ich stand drei Minuten auf der Bühne, wurde einem Herren zwecks Heirat zugeführt, alle riefen „Wie schön sie ist!“ und dann durfte ich noch den Schlussapplaus und alle Verbeugungen mitnehmen, weil die immer paarweise erfolgten. Ich lernte – statt brav zu knicksen – mich lächelnd gemessen zu verbeugen, mit der Hand auf der Brust, damit man mir nicht ins Dekolleté schauen konnte.
Einziger Wermutstropfen: Der Typ, an den ich verheiratet wurde, war doof und alt und er sollte mich auf der Bühne küssen. O-o. So weit war ich der Pubertät nun doch noch nicht entwachsen, so dass ich auch mit einem Bühnenkuss nicht zurecht kam. Dazu mag auch beigetragen haben, dass die Jugendliebe während der Proben im Zuschauerraum saß, die Szene eifersüchtig beäugte und ein rechtes Sensibelchen war. (Heute würde man Emo dazu sagen.)
Der Typ (im übrigen später mein erster Sprecherzieher und lediglich erwachsen, aber nicht alt) machte sich natürlich manchmal einen Jux draus, mich zu veralbern, wenn ich erst mal auf der Bühne stand und mir nichts anmerken lassen durfte. Mal schminkte er sich einen Frontzahn weg und grinste mich grenzdebil an, mal knutschte er mich zu Boden und ich musste mitmachen, irgendwas fiel ihm immer ein.
Als das Stück abgespielt war und meine Jugendliebe mich unbedingt nach meinem 18. Geburtstag heiraten wollte, schlug er vor, das Kleid aus dem Fundus zu kaufen, damit ich es zur Hochzeit tragen könne. Aber irgendwie hatten wir kein Geld. Aber wer den obenstehenden Link gelesen hat, weiß, dass da ohnehin bald etwas dazwischen kam. So daß LaPrimavera einige Jahre später mein Hochzeitskleid entwarf…