Wir haben ihn heute im Regen auf die Straße gelegt. Eine stramme Rügener Tanne, den Kind & Schwiegersohn und wir zusammen für Weihnachten gekauft hatten. Die arme Tanne, sie hatte noch keine Nadel verloren. Hoffentlich frisst sie ein Elefant zum Frühstück.
Die Heizung heizt und die Bügelstation macht es auch wieder. Erstere hält den Druck, letztere hat zwar nicht mehr so viel Druck wie früher, weil das Einstellen des Druckventils etwas tricky ist, aber sie funktioniert zur Zufriedenheit. Statt das Gerät für über 200€ zur Reparatur einzuschicken (der europaweite Support für die Schweizer Herstellerfirma ist mittlerweile in Ungarn, die kleinen Werkstätten gehen leer aus, Ersatzteile sind offiziell nicht zu bekommen) hat der Graf selbst geschraubt, wie so viele, die keine Lust haben, die knappe Hälfte des Geldes für den Kauf einer neuen Bügelstation für Einschicken und Diagnose zu zu zahlen. Die Firma hatte wohl das Problem, dass ihre Produkte zu langlebig waren. Die Vorgängerin der jetzigen Bügelstation funktionierte über 20 Jahre. Es gibt mittlerweile einen (halblegalen) Ersatzteilhandel, der DIY unterstützt und jede Menge Foreneinträge dazu. Der Aufbau des Gerätes ist simpel, die Teile sind in jedem Kaffeevollautomaten verbaut und haben unter 30 € gekostet.
Das kann man sich alles nicht ausdenken.
Die Eltern waren am Freitag noch einmal da, wir gingen in die Botticelli-Ausstellung. Manchmal haben Ausstellungen, so gut so gemeint sind, entzaubernde Wirkung. Die Werkstatt-Technik Botticellis wurde minutiös erläutert und es waren viele zweit- bis viertrangige Werke mit gleichem Motiv zu sehen, die nach Schablonen gefertigt und ausgemalt wurden. Für mich ist der Zauber dieser Bilder erst mal weg.
Ich habe gerade eine fürchterliche Allergie. Tränende Augen, pfeifende Bronchien, laufende Nase, verstopfte Nebenhöhlen. Es fliegen ein paar Haselpollen und als es so kalt war, wirbelten auch noch die letzten Staubkörner hinter der heißen Heizung vor. Aber das kann doch alles nicht so eine üble Wirkung haben. Was soll das erst werden, wenn die Birken blühen?
Heute Abend seit langer Zeit wieder einmal Tatort. Zum Bodensee-Tatort habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis, aber diesmal war ich zufrieden. (Mal abgesehen von diesen fürchterlichen Informationsübermittlungs-Dialogen immer mal wieder. Gestelzte-Schrift-Sätze, die ein Mensch so nie sagen würde.) Die Geschichte wurde klar, logisch, prägnant und sparsam erzählt, mit gut gesetzten Handlungsdrehpunkten (das Mädchen reagiert nur auf den Polizisten, der Polizist hat dadurch große Ermittlungserfolge, ihm gefällt die exorbitante Vertrauensstellung unterschwellig durchaus, die vorgesetzten Frauen beenden diese Konstellation, die Gefahr besteht, dass sich das Mädchen wiederum an eine Meister-Figur bindet, die Geschichte endet mit der Gewissheit, dass sie immer wieder reflexartig auf diesem Männertyp reagieren wird). Schauspielerischer Höhepunkt war für mich die Szene in der Klara Blum den Vater des Toten verhörte. Da treffen mit Eva Matthes und Klaus Manchen zwei altgediente und ruhmvolle Theaterschauspieler zusammen. Der Hass, den der selbstgefällige starre alte Mann in seinem Gegenüber erzeugt. Selbst diese Frau versucht er jovial anzutatschen. Und wie die Kommissarin ihren Hass bezähmt und ihn mit Scheinfreundlichkeit beschwatzt, Informationen herauszugeben. Das alles ganz sparsam. Nur mit Blicken, Körperhaltungen, Sprache. Das ist groß.
Es freute mich auch, dass der Assistent eine große Geschichte bekam, bevor dann dieses Jahr mit dem Bodensee-Tatort Schluß ist.
Ich habe ja noch eine Geschichte aus dem Nähkästchen. Besser gesagt, sind es zwei Geschichten, die sich über den gleichen Sachverhalt erzählen lassen.
Geschichte Nummer eins ist ein Klassiker. Schauspieler, die Ermittler-Duos spielen, haben manchmal Konkurrenz-Probleme, egal, ob die Konstellation gleichberechtigt oder Ermittler-Assistent ist. Manche teilen sich die Sätze gleichberechtigt zu. Andere haben sich mit der Zeit zusammengerauft. Die nächsten hält man wie Raubtiere getrennt und lässt sie nur vor der Kamera zusammen.
Von 2002-2004 gab es dieses Problem beim Bodensee-Tatort. Der Assistent kam mit der dramaturgischen Zurücksetzung hinter die Hauptfigur nicht zurecht und schied nach drei oder vier Folgen aus.
Geschichte Nummer zwei ist anders. Das Ermittlerduo sind eine ältere deutsche Frau (eine sehr bekannte Theaterschauspielerin mit einigem Einfluss auf die Produktion) und ein jüngerer türkischer Mann (Autodidakt von Format, etwas private Schauspielschule, mit einigen guten Filmen in der Vita, aus einem kurdischen Bergdorf, dessen Einwohner mittlerweile in die ganze Welt verstreut sind).
In der Geschichte ist die Frau die Heroine, der Mann supportet sie. Die Hauptdarstellerin kennt die Entscheider sehr gut und war Wunschkandidatin und die Besetzung ihres Assistenten hat sie mitbestimmt. Am Set gibt es schon nach ein paar Tagen den ersten Dominanzhickhack. Dem Assistenten ist sein Platz in der Dramaturgie, auf den er nachdrücklich verwiesen wird, nicht recht.
In der ersten Folge wird der Schluss, in der die Kommissarin im Finale von ihrem Assistenten aus Lebensgefahr gerettet wird, im Schnitt geändert. Sie befreit sich nun selbst, bevor der Assistent kommt. Auch den Täter fasst sie nun allein.
Danach ist Krieg in der Produktion. Das Konzept heldische deutsche Frau mit domestiziertem türkischem Assistenten scheiterte auf der ganzen Linie. Ein kultureller Irrtum.
Das waren ziemlich üble Krisengespräche.
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