Für den Montag hatte ich mir absolute Faulheit verordnet. Ich feudelte eine Runde durch die Wohnung, strickte an einer neuen Socke und dachte darüber nach, was ich denn als nächstes nähen würde.
Meine Wahl fiel auf ein hübsches Sommerkleid, das ich verlängern würde, Vogue 1152. Meine einzigen Vorbehalte: 14 Einzelteile und der Paspelschmuck ist genau auf meiner Problemzone, die frickelig angepasst werden muss. Mal schauen, ob ich das hinbekomme.
Dann recherchierte ich noch etwas zum Thema Tracht, inspiriert von Wiebke, die in Vorbereitung auf Julias Dirndl Sew Along einen Buchfund gemacht hatte.
Das wird wohl das erste Mal sein, dass ich an so etwas teilnehme. Traditionelle ländliche Kleidung hat mich schon immer sehr interessiert und ich habe auch schon Ideen dazu, wie sich so etwas auch in Berlin tragen läßt.
Am Abend war ein Damentreffen geplant. Wir wollten in den Rosengarten gehen. Einer der wenigen Orte, die noch nicht in Touristenführern stehen, weshalb 50 Meter von belagerten Best Places ein wunderbarer, verborgener Ort liegt, wie geschaffen dafür, in Sophisticated Music, Rosenduft und Aperol Spritz zu ertrinken.
Aber ein Viertelstunde vor dem Treffen fiel der Himmel in einer Art runter, dass die Touris in meiner Straße rennend Wet-T-Shirt-Wettbewerbe veranstalteten und es tröpfelte noch lange nach.
Wir gingen daher ins „Lass uns Freunde bleiben“. Doch es ist alles nicht mehr so wie früher und man weiß nicht so recht, wer sich verändert hat. Es stand ein Dutzend englischsprechende Menschen mitten im Raum, die ihre nassen Jacken über alle Stühle verteilt hatten und die Musikanlage war so laut, da man sein eigenes Wort nicht verstand. Wir hatten keinen Bock uns den ganzen Abend anzubrüllen und gingen nach kurzer Überlegungspause weiter ins „Visite ma tente“. Da war wenigstens auf der Galerie der Lautsprecher aus, im Laufe das Abends mussten wir aber einmal intervenieren, weil die Bedienung, ein spanisches Mädchen, dass nur rudimentär englisch sprach, die Regler hochgedreht hatte.
Warum macht man so was? Trinken die Leute dann schneller und mehr? Gehen sie eher und setzen sich nicht fest? Um Platz zu schaffen für neues Publikum kann es nicht gegangen sein, der Laden blieb den ganzen Abend weitgehend leer, es war schließlich Montag.
Wir hatten viel Spaß und unsere Gespräche hätten mit Sicherheit keinen Bechdel-Test bestanden. Es ging um Männer. Große, kleine, dünne, dicke, alte junge, nette und blöde Männer. Lügner, Wahrheitsfanatiker, Seitenspringer, Bis-ans-Ende-der-Tage-willige.
Es ist ein weites Feld.
Anfang August feudeln wir den Rosengarten endgültig trocken, lassen uns wie die drei Matronen auf den niedrigen, ischiasfeindlichen Schwimmelementen aus Plastik nieder und plaudern bei dem einen oder anderen qualifizierten alkoholischen Kaltgetränk damenhaft weiter. (Brüllen war da nicht, oder? Na, falls doch, hab ich’s nicht gehört oder war zu fasziniert von deinem transparenten Katzen-Kinderplastikschirm …)
Nicht zuletzt braucht das Zehnjährigen-Treffen in Abendkleidern eine angemessene Vorbereitung! ;-)