Gestern stand ich am Fenster und strahlte wie ein kleines Kind: Schnee! So viel Schnee! Wenn es denn schon Winter ist und kalt und dunkel, dann will ich Schnee, das macht es alles leichter, gepolsterter und heller.
So kam es, daß ich am Rand vom Prenzlauer Berg die ungeräumten Gehwege in Richtung Friedrichhain entlangstapfte, um mich mit den Damen Modeste, Wortschnittchen und Engl zum Tee zu treffen. Was für ein Idyll. Abwechselnd die Katze oder das Kind F. herzen und bespaßen. (F. kann so herrlich Alarm machen, um sicherzustellen, dass das, was seine Mutter gerade auf den Teller geladen hat, auf jeden Fall in seinem Mund landet.)
Und wir führten Erwachsenengespräche. Was heißt, wir unterhielten uns über den Einsatz und das Leistungsvermögen von Azubis, Assistenten, Referendaren und Praktikanten. Über Leute, die, statt mitzulaufen und Augen, Ohren und Hirn aufzusperren, lieber laut Frust schieben, dass sie die großen und wichtigen Dinge dieser Welt (noch) nicht tun dürfen. Besonders prickelnd ist das in der Konstellation erfolgs-, lob- und positiv motivierendes Feedback gewohnter junger Mann und gar nicht mal so alte, aber arbeitserfahrene ihm vorgesetzte Frau. Da schmoren den Jungs ganz gern ein paar Sicherungen durch, wenn sie die ersten Grenzen gesetzt bekommen oder gar Kritik einstecken müssen. Ist doch der junge Mann mit gutem Abschluss und Erziehung zwar noch nicht Gott, aber zumindest Titanenanwärter. Nach der Uni waren wir wahrscheinlich alle ein bisschen größenwahnsinnig und glaubten, die interessanten Jobs mit der hohen Dotierung warten nur auf uns. Wenn einem Mutti und Vati darüber hinaus immer erzählten, da man ganz toll und der Größte ist und sogar Kaka auf dem Teppich noch als produktive Entäußerung eines genialen Kindes gewertet wird, ist die Realitätskonfrontation mitunter sehr herbe.
Was dann rauskommt, kann man gerade in „Cicero“ lesen, geschrieben von einem jungen Mann namens Konstantin Sakkas. (Nein, ich verlinke den Artikel nicht, erstens wegen der gerade laufenden Leistungsschutzrechtsdiskussion und zweitens sollte man solchen Schrott nicht verlinken.) Der übrigens nicht nur in Cicero behauptet, Frauen würden Karriere nur über jugendliche Attraktivität machen und sich mehr oder weniger prosituieren, sondern auch auf Twitter rumpöbelt wie das Böse und rundherum geblockt wurde.
Ja, es ist hart für junge Männer, sich nicht nur gegen die Konkurrenz des eigenen Geschlechts durchzusetzen, sondern auch gegen Frauen, die sich Dinge oft hart erarbeiten mussten, weil ihr Karrierewillen immer noch nicht den Erwartungshaltungen von Elternhaus und Gesellschaft entspricht. Wenn Frauen es dann noch fertig bekommen, mit Familiengründung gleichwertig im Berufsleben zu bleiben, müssen solche wenig frustrationstoleranten jungen Männer wahrscheinlich ihr Heil in atavistischeren Gesellschaften suchen. Soviel dazu.
Nachdem wir die Stollen- und Keksvorräte geplündert hatten, zogen wir weiter ins Alt Wien, um noch was herzhaftes draufzupacken. Wenn ich die Wahl habe, ein Damenschnitzel oder ein normales zu nehmen, dann bin ich ja gern undamenhaft. Aber lieber Himmel, war das Schnitzel groß! Und darüber hinaus ungeheuer delikat.
Ich hatte für unser Treffen zwar Versuche unternommen, Kekse (bzw. amerikanische Cookies) zu backen, aber irgendwie will das gerade nicht. Wahrscheinlich bin ich zu experimentierfreudig. Die erste Runde explodierte wegen zu viel Backsoda zu dünnen runden, sehr knusprigen und fettigen Fladen, die zweite Runde wurde zu klebrig-schokoladigen Streuseln und wird demnächst eine Schicht-Süßspeise aufwerten und die dritte Runde war ok. aber recht hart und herbe, auch weil ich die Buttermenge reduziert hatte. Essbar sind die Teile alle, sehen aber aus wie ein Verkehrsunfall.
Und dann noch eine wichtige Nachricht: Oper der Phantome hat eine Doppelseite in der Print-Verlagsankündigung, wie auch schon Ashby House. Ick freu mir auf jede Menge schöne Männer und so. (Nicht spoilern, ich weiß, ich habs ja schon lesen dürfen.)
PS: Auf Hinweis von Frau Engl muss ich ergänzen, dass in der Zeit, in der wir die Schnitzel vertilgten, vorm Fenster des Alt Wien eine Schneeballschlacht zwischen zwei Familien stattfand. Die Mädchen machten Schneebälle, die sie auf ihren Schlitten legten und die Jungs pfefferten los. Alle, Kleine wie Große. Das Schlachtfeld bewegte sich langsam die Straße weiter, weil alle verfügbaren Autos binnen kurzem abgeräumt waren.
Wir versuchten uns beim gehen auch darin, aber so richtig vehement waren wir nicht. (Zudem hatte der Graf keine Mützen auf, Schnee auf der Glatze ist doch so kalt!)
die schneeballschlacht. du hast die schneeballschlacht vergessen, an der wir NICHT teilgenommen haben. ; )
Schon ergänzt!
… schlechte nachricht für titanenanwärter: die, die sich dafür halten erreichen nach meiner erfahrung höchst selten den gewünschten status. dafür braucht man meistens auch erfahrungen mit dem inhalt des wortes „demut“, nicht mehr sehr geläufig, aber oft sehr hilfreich.
p.s.: meine erste schneeballschalcht mit dem eigenen kind am freitag war ebenfalls ein echtes gemetzel. dreijährige sind einfach die achaischsten kämpfer – mit starker neigung zur ungebremsten anarchie…
Demut ist aber auch ein Wort… Ich bin wirklich erstaunt, wie spät der Moment kommt, wo Leute wirklich kämpfen und auch mal zurückstecken müssen. Vielen wird in Kindheit und Jugend von den Eltern der A… hinterhergetragen.
Schneeballschlacht mit dem Kleinen, hihi. Er hat dich fertiggemacht oder?
Ach, solange das Peter-Prinzip vorherrscht, erreichen die jungen Männer schon ihre Plätze in den Führungsriegen. Erst, wenn das Petra-Prinzip erfüllt ist, sind junge Frauen wahrhaft gleichberechtigt.
…. wenn man glück hat wird man möglichst früh mit dem konfrontiert, was man gemeinhin unter dem begriff „leben“ subsummiert. meinem tendenziellen größenwahn um die 30 herum hat es jedenfalls sehr gut getan. heute erfreue ich mich jeden morgen an dem eben nicht selbstverständlichen vorhandensein einer warmen dusche und einem beheizten badezimmer. der rest ergibt sich über tag …
p.s.: total! kelien kinder können ja sooooooooooo gemein sein …
:-)
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