Der liebe Gott gab noch einen Sonnentag auf die Insel, während in Deutschland … decken wir den Mantel des Schweigens darüber.
Das Meer war noch immer sehr aufgewühlt, an Bootfahren und Schwimmen war nicht zu denken. Deshalb machten wir zunächst eine kleine Küstenwanderung. Vom Meer aus waren an einer Stelle eine Ansammlung sonderbarer Häuser zu sehen. Runde Steingebäude mit Kegeldächern, die aussahen wie Zwergenhütten. Es ist immer sehr abenteuerlich, von der Straße, die durchs Inland führt zu raten, welcher Weg zu welchem Haus geht und ob er denn öffentlich zugänglich ist. Wir parkten den Wagen als es dann doch zu zerklüftet und steinig wurde und liefen weiter. So ganz hatten wir es nicht getroffen, um die Häuser zu erreichen mußten wir noch ein tief eingeschnittenes Flußbett durchqueren. Wir besichtigten die bereits winterfest gemachten Häuser. Irgend jemand mußte hier ein riesiges Investment getätigt haben. Eine Betonpumpe konnte nicht über die steile Staße kommen, also hatte man die Stahlbetonkegel der Dächer sehr wahrscheinlich mit einem Hubschrauber transportiert und auf die Natursteinwände gesetzt. Wie bei so vielen Sommerquartieren hier gab es weder Schild noch Hinweis, wem das gehört.
Auf dem Rückweg versuchten wir quer durch das Buschland abzukürzen und gaben auf, als es zu dicht und dornig wurde. – Wie wir hinterher sahen, wäre nach 20 Metern eine Straße gekommen.
Wir fuhren noch ein Stück mit dem Auto an einen Sandstrand, der schützende Felsen hatte und legten uns in die Sonne. Herrlich. Zehn Meter vor uns standen die Wellen drei Meter hoch und zwischen den Steinen herrschte Windstille und Wärme. Wir aßen eine Kleinigkeit und ich schlief eine Runde, nur unterbrochen von den Signalen der Haut, mich jetzt mal zu drehen, damit die andere Seite vom Braten knusprig wird. M.T. hatte inzwischen die Umgebung erkundet. Auf einem herausragenden Uferfelsen gab es kleine Lagunen, die Naturbadewannen mit unterschiedlicher Wassertemperatur bildeten.
Auf diese Welle habe ich durfte ich ein paar Minuten bibbernd warten. Den allerherzlichsten Dank auch an den Salznebel, der einen natürlichen Weichzeichner auf die Linse zauberte.
Als die Sonne tief über dem Meer stand, fuhren wir zurück. Der Nachbar hatte Obst offeriert und wir kehrten kurz bei ihm ein. Was hieß: Ein Glas vom Dessertweinchen, das er zur Hochzeit seines Sohnes gebraut hatte und noch eines und dann vielleicht noch sein selbstgemachter Roter? Ich hielt mich zurück, denn M.T. hatte bereits ausgiebig von Kopfschmerzattacken am nächsten Tag berichtet.
Es kamen noch zwei andere Einheimische dazu. Es ginge um die Schweine, erklärte Signore Toto und hielt sich immer wieder die Nase zu.
Hm, daß die mittlerweile ziemlich stinken, ist bei Wachstum und Doppelbesatzung logisch. Die drei Herren sprachen schnelles Sardisch, bei dem nicht einmal Bruchstücke zu verstehen waren. Eine, wie ich finde, schöne und markante Sprache, nicht so zickig wie das perlende Italienisch.
Dann zogen die beiden ab in Richtung Stall, ein Seil über dem Arm. Kastration konnte ja noch nicht das Thema sein, weil alle auf die Spanferkelchen warteten. Sie bekamen ein Nasenpercing, damit sie die Erde nicht so stark umwühlten und sich womöglich in die Freiheit gruben.
Es gab jämmerliches Geschrei, dann war Ruhe. Die beiden kamen zurück und berichteten, daß nur die rosa Haussau gequiekt hätte, das Wildschwein nicht. Ein Indianer kennt eben keinen Schmerz. Wir besichtigten noch den Weinkeller, der für den nächsten Schwung bereitstand und eisten uns vor den nächsten Gläsern unter Mitnahme eines üppigen Obstkorbes los.
Da auch M.T. am Mittwoch für einige Zeit nach Deutschland fliegen würde, kochte ich, um alles verderbliche aufzubrauchen. Es gab Reispasta (die schmeckt tatsächlich!) mit handgemachter Bolognese-Sauce. Dazu ein hammermäßiger sardischer Rocco Rubio Riserva.
Da der Fernseher einmal lief, sahen wir uns die beiden französischen Filme des Abends an. Sie waren wie immer: Die Menschen saßen nach dem Essen an Tischen und redeten, die Männer waren leicht aus dem Leimgegangen und hatten große Nasen und die Frauen waren auch mit 40 noch schön und interessant. Ich ärgerte mich bei dem Thriller über ein dramaturgische Unelegance. Klar hat jedes Element und jede Figur eine Funktion. Laut Hitchcock darf es nichts Überflüssiges geben. Aber wenn man bei jeder Figur nach dem ersten oder zweiten Auftritt schon zweifelsfrei sagen kann, was ihre Funktion in der Geschichte ist und diese dann nicht mal virtuos erzählt wird, dann nervt das.
In der Nacht erreichte ich dann die nächste Stufe von fest schlafen: Peng. Weg. Und am Morgen: Peng. Wach.
Ich werde Ihre Reiseberichte vermissen.
Abgesehen davon: Bitte, ICH spiele in KEINEM französischen Film, bin über 40 und AUCH noch schön und interessant ! ;-)