Der erste Urlaubstag.
Die drei Tage vor der Abreise waren Schreibtischgroßeinsatz. Alles noch einmal in die Hand nehmen: Ist da irgendwo eine Frist? Noch was zu erledigen? Sind noch Mails unbeantwortet? Offene Telefonate?
So sehr a jour war ich seit zwei Jahren nicht. Ok., bis auf 6 Monate halbfertige Buchhaltung, die dann auch gern noch 10 Tage warten kann.
Am Samstag wühlte ich mit dem Kind in alten Fotos. Ich habe nämlich immer noch Schulden bei ihr. Sie hatte sich zum 18. Geburtstag ein Fotoalbum gewünscht. Die Bilder hätte ich dann aber von überall her besorgen müssen, denn ich bin nicht unbedingt eine Fotosammlerin. Ein guter Grund, die Wunscherfüllung zu verschieben bis heute. Aber nun wird es.
Der Sonntag gab Zeit für die letzten Briefe und Rechnungen. Das Kofferpacken ging schnell. Einmal für abends, einmal für Kleinstadt und ansonsten Gartenhosen, Sonnenkleidchen, Blusen und Shirts. Da ich körperlich noch einmal neue Dimensionen erobert habe, konnte ich nichts einfach so in den Koffer werfen. Ich mußte jedes Stück anprobieren und das eine oder andere grummelnd aussortieren. Nach wie vor verweigere ich den Neukauf in Zeltformen.
Die Internistin sagte, ich müsse das 10 Wochen aushalten, daß sie mein Schilddrüsenhormon nochmals reduziert hat. Sie will sehen, daß sich das bequeme Organ wieder ein wenig selbst betätigt. Momentan sieht es aber nicht so aus.
Am Montag vormittag ging es los. Ich bin der Fluggesellschaft immer wieder dankbar, daß es nach Sardinien auch zu christlichen Zeiten geht und ich nicht um 4 Uhr morgens halb schlafend das Haus verlassen muß. Mittlerweile habe ich nicht einmal mehr Easyjet-Panik. Weil es für eine alleinreisende Person schlichtweg idiotisch ist, als erste den Flieger zu stürmen, weil sich dann garantiert die größten Nervbolzen neben einen setzen, trödelte ich noch ausgiebig herum. Ich machte sogar noch ein Foto im Paßbildautomaten für den Vorher-Nachher-Eindruck.
Die Insel empfing mich mit Sonne, Wolken und 25 Grad. In der letzten Woche war es wesentlich wärmer, so langsam fängt auch hier die entspannte Spätsommerzeit an. Aus Berlin anzureisen bedeutet eine anderthalbstündige Fahrt quer über die Insel, der Halt an einem Truckstop brachte Meeresfrüchterisotto wie bei Muttern und Hauswein.
Ich sah die Landschaft zum ersten Mal nach einem Sommer. Alles, was im Frühjahr grün und bunt blühend vor einem liegt, ist gelb gebrannt. Nur die Weinfelder leben noch. Einige Bauern haben schon mit der Weinlese begonnen, andere warten noch auf Regen, der die Trauben wieder anschwellen läßt. – An der Westküste hat es seit zwei Monaten nicht geregnet. Dort, wo ich bin, hat es nicht einmal Sommergewitter gegeben, die blieben alle über dem Meer oder in den Bergen hängen.
Das Wildschweinchen des Nachbarn hat eine Frau bekommen. Eine kleine rosa Haussau. Das – so sagen die Einheimischen – soll die leckersten Spanferkelchen geben. Bisher waren die beiden aber so jung, das sie nichts anderes miteinander anfingen, als sich von der Futterschüssel wegzurempeln.
Nun stand ich zu dritten Mal auf dem Berghang, das Haus im Rücken und sah auf das Meer. Meine Seele schwebte noch irgendwo über den Alpen herum und beeilte sich nachzukommen. Ich gab ihr Zeit und harkte frisch gemähtes Gras. Hier wachsen die Grasrhizome nicht unter der Erde, die ist zu hart. Sie kriechen mit bindfadenzähen Trieben über den steinharten Boden und wenn sie eine feuchte Stelle finden, schlagen sie Wurzeln. BIs sie dann ein Mensch ausreißt, zusammenträgt und den Steilhang hinunterwirft. Die einige wenige Bäume im Garten tragen die ersten Oliven, haben aber noch nicht die Kraft, sie bis zu Reife zu ernähren. Das wird. Oliven brauchen Jahre. Ich sah einen großen Falter, der vor Blüten stand wie ein Kolibri.
Ich genoß die Ruhe. Es ist ein Unterschied, ob Geräusche zu einem gigantischen unterschwelligen Rauschen zusammenfließen oder ob man vor dem Hintergrund von Stille einen Bootsmotor draußen auf dem Meer, einen Hund aus der Siedlung nebenan und den Traktor des Weinbauern im Tal hört. Hier und bei La Primavera läßt sich der Geräuschdreck der Großstadt erst richtig begreifen.
Der Abend kam früh, mit Wolken, die über die Berge zogen. Der Mond ging in einem Dunstschleier auf. Die Zikaden rund ums Haus hatten waren auf eine angenehme Tonlage gestimmt.
Ich fiel nach einem Glas Rotwein früh ins Bett.
Hach…
ohhhhhhhhhhhh wie schön…. urlaubsdiary….
*hach*
gute reise, hab einen schönen urlaub und viiiiiiel spaß. und erholung. und ruhe. und gutes essen. zelt hin oder her – das wird wieder. sicher.
ich freu mich, dass es dir gutgeht.
ganz liebe grüße!