Kitty grübelt

Gestern stolperte ich über den Satz

Den Inhalt der Nachricht bestimmt der Empfänger.

Bei Amtsbriefen wäre das fein. Ansonsten könnte ich mich länglich darüber auslassen, das dieser Satz lediglich einen Spezialfall von fehlgeleiteter, abgerissener oder absichtlich gestörter, also missverständlicher Kommunikation beschreibt.
Der Stein mit der Inschrift, der in der in der Wüste gefunden wird.
Die drölfzigtausend Tonfälle der Antwort: „Ach nichts!“ auf die Frage „Ist was?“
Der Versuch eines Dialogs mir „Mir brauchnse nüscht zu erzählen“-Man.
– Solche Situationen eben. Ansonsten finde ich die Botschaft dieses kursiv geschriebenen Satzes sehr fatalistisch. Sie räumt dem Empfänger eine Macht über den Sender ein, die dieser nicht hat.

Oder sehe ich das falsch?

Ah, der Graf, der den obenstehenden Satz gestern zitierte, hat geantwortet.

4 Gedanken zu „Kitty grübelt

  1. Über das Zitat könnte man ein ganzes philosophisches Traktat über Kommunikation (und deren Irrwege) verfassen. Für sich allein gestellt hat es ungefähr die Aussagekraft eines Tageszeitungshoroskopes.

  2. Ich verstehe den Satz nicht so (ha! da habens wir wieder: ich kann nur eine Aussage darüber treffen, was ich herauslese), also: ich verstehe den Satz nicht so, dass er etwas über die Machtverhältnisse in einer Kommunikation aussagt, bzw. ist das für mich nicht wichtig. Er sagt mir vielmehr dass es in der Natur der Kommunikation liegt, auf die eine oder andere Art zu scheitern, weil da Menschen mit ganz unterschiedlichen Horizonten, Voraussetzungen, Erfahrungen aufeinandertreffen, immer. Im Grunde ist ja nicht das ganz große Scheitern dramatisch, für das du Beispiele nennst, sondern das Scheitern an Zwischentönen und Kleinigkeiten, das man als Sender zunächst nicht einmal bemerkt und sich in Sicherheit wiegt. Der Satz (der so ähnlich von mir sein könnte) hilft mir, die Perspektive des anderen einzunehmen und mir bewusst zu machen, dass es sein kann, dass ich gar nicht verstanden worden bin, dass etwas ganz anderes angekommen sein könnte, als ich ausdrücken wollte. Gerade beim Schreiben finde ich diese Demut nicht schlecht: wenn ich feststelle, dass ein Text offenbar von einer größeren Zahl Leser anders verstanden wurde, als ich beabsichtigte, dann nützt es mir im Normalfall ja nichts, Erklärungen nachzuschieben. „Ja aber, ich hatte doch eigentlich gemeint…“, sowas kann man nur in Blogkommentaren versuchen, überall sonst muss der Text für sich bestehen.
    Ich weiß nicht, ob das Fatalismus ist? Weil ich mich damit einem fremden Urteil ausliefere? So würde ich das nicht formulieren – zunächst einmal liegt das Interesse auf meiner Seite, verstanden zu werden (oder vielleicht auch, von bestimmten Leuten nicht verstanden zu werden). Wenn das nicht klappt, und ich das Nicht-Klappen als Normalfall betrachte und ihm damit die Dramatik nehme, dann habe ich nur die ganz sachliche Frage zu beantworten: was sollte ich anders machen? Nicht besser, vor allem anders, denn das ist keine Frage von Wertungen.
    Ich finde so ein Satz nimmt eine Menge Druck. Wenn die Kommunikation klappt und Worte tatsächlich etwas bewirken könnnen – und manchmal sogar mehr, als man denkt – dann ist das für mich unter diesen Voraussetzungen umso beglückender. Aber das hat wahrscheinlich mit meiner persönlichen Strategie zu tun, wenig zu erwarten, um dann ab und zu positiv überrascht zu werden, die man nicht teilen muss.

    • Ich finde es übrigens total faszinierend, dass du die andere Seite der Sache sichtbar machst. Da hatte ich mal wieder meinen üblichen Tunnelblick.

  3. Dieser Satz kam ja aus einer Veranstaltung, an der ich gestern teilgenommen habe, und ich erzählte ja davon, weil ich ihn sehr passend fand. Der Empfänger hat keine Macht über den Sender (weil der kann senden, was er will), wohl aber die Hoheit über den im Kommunikationsprozess übertragenen Inhalt der Nachricht. Warum, das habe ich in meinen Netznotizen näher beschrieben.
    http://netznotizen.com/kommunikationsquadrat-vier-ohren-modell/

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