Oper 2012

Ich bin nun seit gut 15 Jahren audiovisuell erkrankt besonders gefordert. Was heißt, ich kann Filme nicht mehr auf die normale Tour sehen, sondern ich sehe die Baubühne, schaue, wann der Schnitt kommen muss, damit der Schauspieler seinen Text auf einen langen Gang hinbekommt, sehe mir das Licht in einer Nacktszene daraufhin an, ob da grade ein Bodydouble am Werk ist, sehe in den Actionszenen in die Augen der Stuntmen und so andere Behinderungen der wahren Kinolust.
Bei Skyfall war das seit langer, langer Zeit mal wieder anders. Ich schwebte in meinem Kinosessel wie in einem Floating-Tank. Vor mir pure Fiktion, bigger than life. So muss es sein. So war es in meinen Anfangszeiten, als ich wochentags am Nachmittag manchmal eine von zehn in einem großen Kinosaal war (das war ja noch die Zeit der großen Lichtspielhäuser), das war so bei Star Wars, Terminator II, bei Blade Runner und und. Irgendwann wurde es schwieriger, da war nur noch die ganz harte Droge wirksam. Erzählweisen, die ich noch nicht kannte. Historische Kung Fu-Filme, russische Action wie Notchnoi Dozor, völlig Raum und Zeit sprengende Japaner.
Jetzt bin ich wieder an meinem Urgrund angekommen. Ich bin Zuschauerin. Klar kriege ich noch mit, dass das deutsche Casting des Films eine Freundin gemacht hat, mit der ich gemeinsam meinen Berufsweg begann und die ich mittlerweile aus den Augen verloren habe. Aber es ist nicht mehr wichtig.
James Bond, das ist wie Oper. Große Leitmotive: Tote leben länger. Geh in den Schatten, um zu sehen. Den größten Kampf kämpfst du im eigenen Haus. Die Dialoge kurze, spitze Rezitative. Die Duette der Flirts und Sexszenen. Und immer wieder große Arien aus Licht, Action und Ton. Das mag ich.
Wahrscheinlich werde ich mich nie für Serien begeistern können. Das  ist mir zu anstrengend, da bin ich dramaturgische Erbsenzählerin zu gefordert. Dann lese ich lieber ein Buch und baue meine eigenen Bilder im Kopf.

Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wäre ich gern eine der verschollenen Paul Auster-Gestalten. Ich würde in einem Desert Home leben, in dessen kühlem Felsenkeller ein Kinosaal ist. Nachts käme ich manchmal nach draußen, in der Hand einen Martini – gerührt, nicht geschüttelt – liefe ich mit meinem schwarzen Abendkleid einmal quer durch den Pool.

Und der Film? Ansehen!

6 Gedanken zu „Oper 2012

  1. mMn die beste rezension zu skyfall, die ich bisher gelesen habe.

    (und ein desert home ist eine verlockende vorstellung … vor allem, wenn ein pool vorhanden ist.
    *seufzt und geht zurück ans werk*)

  2. Das Gästezimmer steht Ihnen doch jederzeit offen, egal ob Barnimkante oder Arizona.
    Und danke für die Blumen. Ich gestehe ja, ich mußte den Film gleich zweimal sehen…

  3. :) das mit dem gästezimmer freut mich über die maßen! und den film will ich ebenfalls nochmal sehen.

  4. ach, übrigens gehört nochnoy dozor ebenfalls zu meinen lieblingsfilmen, weil der visuell so WOW!! ist. und der erste teil der matrix.

    • Ich war damals in der Premiere. Wodka schon aufm Roten Teppich und Tokio Hotel in vollem Ornat auf der Premierenfeier.

    • tokio hotel?! ach du je! das war sicher DER hype.
      ich hab den ersten teil der matrix wenigstens drei mal im kino gesehen. als der dritte erschine, gab es eine lange nacht der matrix mit allen drei teilen, in der ich naTÜRlich auch saß. und aus lauter nostalgie hab ich mir grade die ultimative dvd-box mit 10 dvds gekauft, hihi :)

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