Too Much Weekend

Am Samstagvormittag besuchte ich eine Stätte gediegener Gartenkunst. Die Betonung liegt sehr auf gediegen, es gibt schließlich auch einen Manufactum Pavillion. Dort lassen sich Hacken und Schippen für ein Schweinegeld käuflich erwerben, die wir vor 15 Jahren bei Großtantchens Haushaltsauflösung noch wegwarfen.
Aber die Pflanzen… Englische Rosen, Päonienbäumchen, Zitronenspaliere und Kräuter en masse. Mein Herz jauchzte und verlangte nachhaltig nach einem Garten. Wenn ich nicht nur 2,5 Quadratmeter Balkon mein eigen nennen würde, hätte ich mich ruiniert mit den Einkäufen. So konnte ich alles auf einen nächsten Besuch schieben. Die Zentifolia-Rose ist fest eingeplant.

Der Samstag abend führte mich in die Andachtshalle der digitalen Boheme, ins St. Oberholz. Trotz meiner nun fast sieben Jahre währenden Bloggerinnenexistenz war ich dort bisher exakt zwei Mal. Nun traf sich dort die Twitteria und ich war recht neugierig auf den einen oder die andere, die mir lesenderweise ans Herz gewachsen waren. Aber – Schock laß nach – als ich mich näherte, standen rauchende junge Menschen vor der Tür, die Männer zu 80% mit diesen schwarzen Brillengestellen und die Frauen zu 80% Mädchen. Ich fühlte mich uralt und grauenvoll seriös.
Das Leseprogramm war sehr witzig. Aber mich überkam immer wieder das Gefühl, daß die veranstaltenden Herren, bis auf einen lupenreinen Narzisten, es vor allem aus einem Grund taten: um Mädchen zu beeindrucken. Von denen dann eines auch lesen durfte: eine blondierte Elfe, die einen Herzschmerztext zum besten gab.
@lana74, die ich gerne wieder treffen möchte, fing mich mit ihrer schönen, herzenswarmen Präsenz auf und ich mußte mich nicht mehr ob meiner Schüchternheit gruseln.
Fazit des Abends war für mich: ich muß in meinem Alter nicht mehr mit den Kleinen spielen. Es bringt mir weder – wie einigen, die ich kenne – ein Gefühl von Jugendlichkeit, noch genügt es meinen Ansprüchen. Klingt arrogant, oder? Aber plötzlich in einer Situation zu sein, wo ich jemanden, der sich grade mit ein paar Sprüchen profiliert, mit zwei Sätzen auseinander nehmen könnte, weil ich mich auf dem Gebiet, wo er den Auskenner spielt, Fachfrau bin, das ist nicht angenehm, eher peinlich.

Am nächsten Morgen prügelte mich der Wecker raus, denn ich hatte einen Jobtermin. Da kommt frau gegen ein Uhr nach Hause und plötzlich ist es zwei, weil die Zeit umgestellt wird und der Morgen danach wird zur Qual, weil weder Blutdruck noch Denkvermögen verstehen was das soll. Meiner Kundin ging es Gott sei Dank ähnlich.

Deshalb mußte ich mich am frühen Nachmittag dringend noch einmal hinlegen. Natürlich – halt Kitty-Timing – bei strahlendem Sonnenschein.
Den Abend verbrachte ich in sehr angenehmer Begleitung im Kino.
True Grit war fällig.
In meiner Kindheit und Jugend haben mir solche Starke-Mädchen-Filme gefehlt. Wenn ich diesen Film mit 14 gesehen hätte, wäre mir die Schädeldecke hochgegangen. Ein bißchen bedauerte ich, daß der schräge Humor der Coen-Figuren sich immer mehr zugunsten der amerikanischen Monumentalgemälde verschiebt. Das reißen zwar Matt Damon als Texas-Ranger und Josh Brolin als Mörder ein wenig raus – der eine als stolzgeschwollener Südstaatenfatzke, der andere als der typisch gestörte Coen-Verbrecher, der immer wieder wehleidig „ich hab so ein Pech“ stammelt.
Und Jeff Bridges, die schönste Hollywood-Wampe, würde ich auch jetzt noch auf der Stelle heiraten, wenn er nicht schon längst vergeben wäre.
Was mir gefiel, war die Schilderung der so anderen Generation. Mit ihrer Haltung, den repektvollen und komplizierten Worten. In endlose erdfarbene Kleiderschichten gewickelt. Scheinbar unverletzlich in ihrem Panzer aus steifer Würde, Wolle, Leder und Baumwolle.
Dagegen sind wir alle Suppenkasper. Und ich möchte gern eine Nacht auf einem schwarzen Pferd unter diesem Sternenhimmel über die Prärie reiten. Hachja.

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4 Gedanken zu „Too Much Weekend

  1. Ich mag ja die Gartenakademie, und die haben ganz furchtbar leckeren Kuchen hinten in dem spießigen Cafe, wenn man denn einen Platz bekommt, wofür man meist ein paar fein ziselierte Steglitzer Rentnerdamen aus dem Weg treten muß.

  2. REPLY:
    ich würde das mit ihnen gern noch mal in angriff nehmen (12 uhr mittags gibts noch keine steglitzer rentnerdamen).

  3. REPLY:
    Auf jeden! Im April/Mai, dann ist es richtig Rosenpflanzzeit! (Und dann kann ich wieder 1000 Sachen brauchen, um meine Terrasse so richtig zu überpflanzen, wie immer….)

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