November

Eigentlich mag ich Herbstnebel und Blätterrascheln. Aber dieser düstere November geht mir dieses Jahr so ziemlich an die Nieren – oder aufn Kopp, auch egal.
Ich sitze immer noch am Projekt Lebensbewältigung. Es sind eine Menge Formulare in alle Himmelsrichtungen gegangen und ich warte auf Feedback. Von Formularkrieg Nr. 1 weiß ich, das er wahrscheinlich bis Frühjahr nächsten Jahres vertagt wird und ich dann noch einmal loslegen darf. Nr. 2 ist im Grunde ein Schuss und der trifft oder nicht. Wenn eine Absage kommt, kann ich nur noch mit dem Anwalt nachlegen.
An diesen beiden Sachen hängt eine große Lebensentscheidung. Naja, nicht so ganz. Die Entscheidung ist schon gefallen, die Ausführung erfolgt im Frühjahr, aber der Ausgang von Formularkrieg 1 und 2 beeinflussen, wie die Zeit nach der lebensverändernden Entscheidung aussehen wird.
Und von anderen abhängig sein, ist ja so gar nicht mein Ding.

Dann kommt Weihnachten. Auch nicht meins. Die Zeiten sind vorbei, als ich am 6. Dezember aus Deutschland flüchten konnte. Ich würde gern nach ein paar netten Weihnachtsmarktbesuchen und einer Portion Gänsebraten in Winterschlaf fallen und erst Ende Februar wieder aufwachen.

Den erste Gänsebratenversuch hatten wir vorgestern schon.
Aber erst waren wir auf dem Friedhof. Zum ersten Mal war ich diejenige, die den Auftrag hatte, das Familiengrab im südöstlichen Berlin zu besuchen. Die Eltern sind nun nicht mehr so gut beisammen, sonst haben sie es gemacht. Ich weiß doch nicht einmal, wann Totensonntag ist. Komische Sache, ich hatte damit gerechnet, daß es mich umhaut. Ich träume immer wieder von KKM, habe immer noch eine enge Verbindung zu ihr, aber das Grab da draußen auf dem Friedhof hätte auch ein Verkehrsschild sein können. Da war nichts mehr. Der Geist ist irgendwo anders.
Nach dieser ernüchternden wie erleichternden Feststellung drehten wir eine Runde durch den Grünauer Herbstwald, die Dahme entlang. Es war recht nebelig und die Geräusche der im Dunst nicht sichtbaren Flugzeugen, die Schönefeld anflogen, waren überpräsent. Dabei fliegen sie noch immer reduziert den alten Flughafen an, alle 5 Minuten. Wenn sie im Minutentakt fliegen, wenn der neue Flughafen irgendwann kommt, Gute Nacht! Das ist nicht gut für die Hausbesitzer von Wendenschloß, Grünau, Karolinenhof, Schmöckwitz, Bohnsdorf und Eichwalde.
Auf dem Rückweg sind wir kurz in Hanffs Ruh eingekehrt. Eigentlich gibt es dort nach einem Herbstspaziergang immer Soljanka zum Aufwärmen. Aber dann stand Gänsebraten zu erschwinglichem Preis auf der Karte und ich hatte Hunger, großen Hunger. Als die viertel Gans auf dem Tisch stand und ich das Messer drin versenkte, hatte ich was gelernt: Geh zum Gans essen nur in Läden, wo du weißt, dass sie gut ist. Das Vieh war bretthart, trocken und zäh. Ich weiß nicht, was sie damit angestellt haben. Vielleicht sollte sie am Montag zu von Hagens zum Plastinieren geschickt werden.

Am Sonntag war Schwiegereltertreffen dran. Bei der Jugendliebe, mit der das Kind 7 Jahre zusammen war, hat es sich nie ergeben, dass ich die Eltern kennenlernte. Irgendeiner von uns war immer auf den Parties, wo wir uns hätten begegnen können, abwesend.
Die Zeit schreitet voran und man geht es anders an, etwas offizieller. Und so saßen wir denn gestern zu sechs um einen Tisch und widmeten uns einem göttlichen orientalischen  Brunch. Das war wunderbar und angenehm, machte mir aber schon mal dezent die Tür zur Weihnachtshölle einen Spalt weit auf: Düster, um Tische sitzen, essen, Verwandtschaft.

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