Hypochrondrie light

Irgendwie habe ich ja ein Problem mit X-Berger Ärzten.
Die Gynäkologin nickte mitleidig, als ich bei der Untersuchung plapperte, daß ich mir bei meinem Freund sicher nichts aufgeschnappt haben könnte. Ich hatte schlichtweg übersehen, daß ausschließlich Lesben mit Kinderwunsch im Wartezimmer saßen.
Die nächstgelegene Hausarztpraxis schien mir das letzte ambitionierte Ärztekollektiv mit Einheitsgehalt zu sein. Rechts von mir ein krätziger Junkie, links von mir ein Alkoholiker im Endstadium, der sich imaginäre Tierchen von den Armen fing. An der Anmeldung eine großgedruckte Liste mit meldepflichtigen Infektionskrankheiten. Ich fühlte mich so garnicht fehl am Platze, als ich dem blassen und überarbeiteten Arzt hyperventilierend meinen Wunsch nach dem und keinem anderen Sedativum vortrug, damit ich nachts schlafen konnte und mich tagsüber keine Panikattacken am Arbeiten hinderten. (Damit wir uns nicht falsch verstehen, von diesem Zeug habe ich in den letzten 5 Jahren 2 Packungen benötigt, die meisten davon vor Zahnarztbesuchen.)
Bei allen dasselbe. Sage ich: Ich kann derzeit nicht richtig arbeiten, weil es mir mies geht, tun sie was!, bekomme ich zur Antwort: Arbeiten Sie nicht so viel.
Sage ich: Dann und dann habe ich einen wichtigen Termin, bis dahin muß das ok. sein, greifen sie gaaaanz langsam nach dem Rezeptzettel mit den Worten: Ich schreib Ihnen da mal was mildes Pflanzliches auf oder wollen wir es doch lieber mit Homöopathie versuchen? Wie lange brauchen Sie denn die Krankschreibung?
Auch stereotypes Aufschwatzen von IGEL-Leistungen, die nicht mal meine Privatkasse zahlen würde, nervt. Der letzte Schrei: Vitamin-C-Infusionen. Verabreicht im Wartezimmer. Als ich die Praxis zum ersten Mal betrat, zuckte ich vor Mitleid zusammen und dachte: Gott, die armen Krebskranken, haben die keinen Platz im Krankenhaus bekommen für ihre Chemo?
Rufe ich nachmittags nach 16 Uhr an (soweit ich mich erinnere, öffnen normale Ärzte ihre Praxis dann noch einmal für arbeitende Menschen), bekomme ich ein glockenhelles Lachen geschenkt: Nee, wir schließen um 17 Uhr, irgendwann brauchen wir auch mal Feierabend.
Und so bin ich allmählich zu HeMans Ärzten nach Mitte und Charlottenburg gewechselt. Da kann ich sagen: irgendwas stimmt nicht, stellen Sie mich mal bitte auf den Kopf. Und siehe da, mitunter bekomme ich auch die völlig kostenfreie Auskunft: Diesen blöden grippalen Infekt hatten wir auch alle, keine Sorge, das ist völlig normal, daß sie sich noch drei Wochen später müde und schlapp fühlen.
Geht doch.