Da war doch was

Die Jahresrückblicke spülen es wieder an die Oberfläche des Gedächtnisses.
Da gab es einen jungen, körperlich ziemlich präsenten Regisseur, der für einen Debütfilm eine hohe internationale Auszeichung bekam. Und daraufhin in alle Welt krähte, was für ein toller Erfolgstyp er doch ist oder wie die „Zeit“ in dieser Woche schrieb: Der machte mächtig einen auf dicke Hose, ob er das denn nötig gehabt hätte?
Seine Produzenten standen derweil bescheiden auf deutschen Filmveranstaltungen herum. Sie waren ja nur diejenigen (auch noch nicht so lange von der Filmschule weg), die einen Debütfilm produziert hatten…
Und bevor ich vor lauter fremdschämen im Erdboden versunken bin, habe ich mir immer gesagt: Warten wir seinen zweiten Film ab. Warten wir ab, wessen Leistung dieser so viel besuchte und beachtete Film war (den ich bis jetzt immer noch nicht gesehen habe, weil er eher das Stasi-Thema für Wessis aufbereitet behandelt).
Wenn ich jetzt das Nähkästchen mal aufmache, dann kann ich daraus plaudern, daß der junge Mann bei der Arbeit viel von seinen sehr erfahrenen und bekannten Hauptdarstellern erklärt und gerichtet bekam. Und daß er in seiner großen Hilflosigkeit sehr viel Support auch von anderen bekam, die zum Teil kein Geld dafür erhielten und denen in der nachfolgenden One-Man-Show nicht einmal Anerkennung zuteil wurde. „Das Riesenbaby“ nannten ihn seine Kollegen und halfen ihm, damit das Projekt und die Produzenten nicht baden gingen.
Erfolgsbedingte Amnesie ist eine schöne Einrichtung…

7 Gedanken zu „Da war doch was

  1. Der großkotzige Angeber sympathische Regisseur soll sich ja auch bei Martina Gedeck besonders beliebt gemacht haben. Nur weil sie mitgespielt hat, soll er ja überhaupt die Finanzierung für den Film bekommen haben. Als Dank hat er sie dann nicht zur Oscar-Verleihung mitgenommen.

  2. Tja, wenn man genau hingeschaut hat, sah man, wie die, die um ihn herum standen, mühevoll das Gesicht verzerrten. Solche Babys sind peinlich, da haben sie recht!
    Wie schön wäre Frau Gedeck in Hollywood gewesen! Aber nun, vielleicht ist es besser so und sie bleibt uns.
    Das Baby ist schon hingezogen, mit Sack und Pack, wenn ich mich richtig erinnere.

  3. …ich hielt – auch ohne diese bedauerlichen innenansichten – »Jakob der Lügner« eh für den besten deutschen nominierten film nach der »Blechtrommel«…

  4. REPLY:
    Croco?! Da war doch auch was sehr sehr schönes… Aber mit K …

  5. ich denke, ohne ulrich mühe wäre der film nicht einmal nominiert worden…
    aber der herr regisseur weiß halt, wie man in LA ankommt, ein gruß an die gattin im publikum wiegt da halt mehr als eine ausgezeichnete schauspielerin…

  6. Aua. Man bemerkte den Hang zur Selbstbegeisterung ja schon so in den Interviews, die waren sehr befremdlich. Mir schienen sie immer verzeihbar, weil der Film nämlich absolut großartig ist, als Film in sich vielleicht überzeugender denn als Dokumentation oder „Aufarbeitung“ einer Epoche, aber es stimmte jede einzelne Sekunde in dem Streifen, der ist wirklich sehr sehr gelungen, der Oskar war absolut verdient – und Du meinst, dass der junge Mann das gar nicht wirklich geleistet hat? Puh.

  7. REPLY:
    nun, er war ein ambitionierter, ehrgeiziger anfänger, der gern tuten und blasen wollte. aber allein die ahnung fehlte.

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